Liebes Tagebuch!
Letzte Nacht hat es verheerend gestürmt.
Ich hoffe, die Falter sind trotzdem gut in ihre Heimat gekommen.
Ich habe am Morgen alle Freunde angerufen und für den Abend eingeladen.
Und dann den ganzen Tag leckeren Erdbeerkuchen gemacht.
Ich hoffe, der schmeckt ihnen.
Bis auf Paul und Samira, die sich für einen Wochenendtrip auswärts befinden,
sind alle gekommen. Volles Haus. Fröhliches Geplauder.
»Habt ihr schon gehört, dass der Sturm Burg Drachenhort verwüstet hat?«, erkundigt
sich Chris. Alle bedauern das. Der Ausflug auf die Burg ist jedem unvergesslich.
Eddy starrt mich sprachlos an. Schließlich würgt er sich ab:
»Das war aber kein Drache, oder?«
Es klingelt.
Ich gehe runter und höre noch, wie Phil erzählt, dass man früher in so heftigem
Wind bösartige Sturmgeister vermutete und in anderen Ländern womöglich auch
Drachen zu sehen glaubte. Innerlich muss ich lachen.
»Catty, wie schön, dass du gekommen bist.«
Ich freue mich wirklich.
»Ist Eddy auch da?«, will sie wissen. Als ich nicke, fragt sie: »Meinst du,
er hat mich erkannt?«
»Noch nicht«, schmunzle ich. »Aber das kommt schon noch.«
»Das fürchte ich auch«, lacht sie, was beweist, dass es ihr ziemlich egal ist.
Ich stelle Catty den anderen vor und lasse allen etwas Zeit, sich zu beschnuppern
und zu plaudern. Drachenhort ist natürlich noch ein großes Thema.
»Ich wüsste zu gerne, ob der Gang noch da ist«, gibt Emmy zu.
»Welcher Gang?«, fragen Eddy und Catty fast gleichzeitig.
Chris erzählt kurz von unserem Abenteuer dort oben:
Dem Gang im Turm und dass der zu einer Reenactment-Gruppe führte;
zu Leuten eben, die vergangene Zeiten nachspielen.
»Der Henker war echt«, brummt Peter.
»Mara wollte heute aber sicher über etwas anderes reden«, rettet Annie die Situation.
»So ist es«, stimme ich rasch zu. »Ich habe mich auf ein großes Abenteuer
eingelassen, das bald beginnt. Und ich hoffe, ein paar von euch - oder möglichst
alle - werden mir helfen.«
»Um was geht es?« fragt Phil, der Abenteuern nie abgeneigt ist.
»Um Alpakas«, antworte ich. »Genau genommen: um Blauschopf-Alpakas.
Die Art ist fast ausgestorben. Im Züricher Zoo gelang die Zucht und jetzt
sollen die Tiere in Südamerika ausgewildert werden. Peter, ich bräuchte
dazu Möhren, viele Möhren! Die Tiere müssen unterwegs ja was fressen.«
»Möhren.« Er nickt. »Reichen zehn Kisten?«
Ich gebe zu, dass ich keine Ahnung habe. Ich weiß ja nicht einmal, wie viele
Tiere man mir überlassen wird.
»Stroh brauchst du auch«, meint Catty. »Alpakas brauchen das als Futter.«
»Möhren und Stroh«, nickt Peter gelassen, der von beidem mehr als genug
auf seinem Gutshof hat.
»Ich hab noch nie von Blauschopf-Alpakas gehört«, sagt Clara. »Wie sehen
die denn aus?« Ich zeige ein Bild, das ich Alik geklaut habe als ich es heimlich
bei seinen Projektionen auf meinen Fernseher abspeicherte.
»Vom Aussterben bedroht? Dann sind sie ungemein wertvoll. Du kannst nicht
ohne Tierarzt mit ihnen reisen. Ich bin dabei.«
Juhu! Clara hat schon zugesagt.
Und das, ohne etwas Näheres über die Expedition zu wissen.
»Bedrohte Tiere retten ist meine liebste Beschäftigung«, lacht Catty. »Wenn
du nichts dagegen hast, komme ich mit.«
Das hatte ich gehofft.
Ich kenne sie zwar kaum, aber sie ist mutig und entschlossen.
Und nett ist sie außerdem. Ich freue mich.
»Ihr müsst euch nicht jetzt entscheiden«, verspreche ich. »Es geht erst
am 18.September los. Denkt einfach drüber nach. Und lasst uns jetzt einen
gemütlichen Abend verbringen.«
Aber das Thema ist nun mal auf dem Tisch und natürlich wird jetzt über nichts
anderes mehr geredet. Irgendwie komisch, dass die Mädels eher geneigt sind,
das Abenteuer zu wagen - wenn auch genauso blauäugig wie ich.