Hambacher Schloss 1832
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Re: Hambacher Schloss 1832
Hallo zusammen,bricoleur hat geschrieben:Ich habe hier so einen ganz dicken Schinken über Hambach. Da ist auf dem Innendeckel und Vorsatzblatt der Hintergrund dieser Lithografie ganz groß abgebildet. Da sehe ich Rot-Gold-Schwarz, Gold-Schwarz-Rot, Schwarz-Rot-Schwarz, Rot-Schwarz-Gold und Schwarz-Gold-Rot. Irgendwie scheinen die sich damals noch nicht so einig gewesen zu sein. Ich denke, wenn man heute in einem Playmobil-Diorama die aktuelle deutsche Flagge nimmt, dann fällt das höchstens historisch Sachkundigen auf. Den Otto-Normalbetrachter würde man sonst nur verwirren, und Schulkinder sowieso. Es ist eh schon schwierig genug, heute den Sinn dieses Events zu vermitteln.
Richard
nur für den Fall, daß es wen interessiert: Unsere Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold leiten sich tatsächlich von den Uniformen des von Lützow'schen Freikorps ("Lützows wilde, verwegene Jagd") her: Schwarzer Stoff, roter Besatz, messingfarbene ("goldene") Knöpfe. Als Fahnen wurden sie bereits deutlich früher (auf alle Fälle anläßlich des ersten Wartburgfestes im Oktober 1817) gezeigt. Die Interpretation: "Aus der schwarzen Nacht der Knechtschaft durch blutige Kämpfe ins goldene Licht der Freiheit." Der Bezug: Als Knechtschaft wird hier die französische Besetzung der deutschen Länder während der napoleonischen Kriege gesehen, als "blutige Kämpfe" die Befreiungskriege gegen Napoleon 1813 - 1815.
In den Befreiungskriegen - das heißt, schon vorher, ab 1809 - bildeten sich sog. "Freikorps", also Verbände aus Freiwilligen, die nicht Teil der regulären Armeen waren. Bis dahin waren hierzulande Kriege eigentlich "Kabinettskriege", d. h. (flapsig ausgedrückt) die Streitkräfte gehörten dem jeweiligen Fürsten und es ging das Volk überhaupt nichts an, ob der Fürst mit seinem Heer einen Krieg gewann oder verlor. (Siehe die Anschläge in Berlin nach der Schlacht von Jena und Auerstädt 1806: "Der König hat eine Bataille verloren. Ruhe ist jetzt die erste Bürgerpflicht.") In den Freikorps fanden sich vielfach national eingestellte Bürger und Studenten, die (wieder flapsig ausgedrückt) der Meinung waren, es ginge sie sehr wohl was an, wer denn den Krieg gewinnt und über das Land herrscht - im Prinzip begann damit die Entwicklung des Bewußtseins vom Untertanen zum Bürger.
Nach dem Ende der napoleonischen Kriege waren es dieselben Kreise, die forderten, daß die deutschen Länder zu einem Reich vereinigt werden sollten: "Die politische Zerissenheit Deutschlands soll der politischen, religiösen und wirtschaftlichen Einheit weichen." Zitiert aus den 35 Grundsätzen und 12 Beschlüssen des Wartburgfestes, 18.10.1817, nach Wikipedia. Symbol der Forderung nach der deutschen Einheit waren die Farben Schwarz, Rot und Gold - und ja, über die Reihenfolge der Farben war man sich noch nicht einig. Am ersten Wartburgfest nahmen viele Studenten teil, die im von Lützow'schen Freikorps oder in anderen Freiwilligenverbänden gekämpft hatten.
Das 1871 gegründete Deutsche Kaiserreich wählte die Farben Schwarz-Weiß-Rot (zusammengesetzt aus dem Schwarz-Weiß Preußens und dem Weiß-Rot des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (erstmals 12. Jhdt.))- gerade um anzuzeigen, daß die Einigung eben nicht auf die Initiative des Volkes (gipfelnd in der Revolution 1848/49) geschah. Erst mit Gründung der Weimarer Republik wurde Schwarz-Rot-Gold erstmals Nationalflagge.
Der Grund für die "schwarz-rot-goldenen"Uniformen des von Lützow'schen Freikorps war indes ein ganz banaler: Die Freiwilligen mußten sich komplett selbst ausrüsten und bewaffenen - und schwarz einfärben war die einfachste Möglichkeit, der mitgebrachten Zivilkleidung eine einheitliche Farbe zu geben.
Nachbemerkung (und dann ist endgültig Schluß mit Klugscheißen): Einige wenige Lützower trugen für sehr kurze Zeit den Totenkopf ohne Unterkiefer am Tschako. Von Seiten der preußischen Militärführung bestand man aber darauf, daß der Totenkopf als Abzeichen dem 1. Regiment Leibhusaren vorbehalten sei; die Lützower hatten den Totenkopf abzunehmen.
Schöne Grüße,
Jörg
Jörg
One measure of a man is what he does
when he has nothing to do.
Robert E. Fulton Jr.
when he has nothing to do.
Robert E. Fulton Jr.
Re: Hambacher Schloss 1832
Weiter geht's:
Man beachte die Kaffeekanne! Ich glaube, es gab keine zwei Figuren mit den gleichen Kleidern...
Ich stelle fest, dass ich leider gar nicht so viele von den seltsamen Kopfbedeckungen fotografiert habe, wie mir aufgefallen sind. Ein Besuch lohnt sich also weiterhin
Außerdem tragen alle Figuren die Kokarde in schwarz/rot/gold.
Hier steht etwas darüber:
http://www.hambacher-schloss.de/geschic ... hichtekopf
Man beachte die Kaffeekanne! Ich glaube, es gab keine zwei Figuren mit den gleichen Kleidern...
Ich stelle fest, dass ich leider gar nicht so viele von den seltsamen Kopfbedeckungen fotografiert habe, wie mir aufgefallen sind. Ein Besuch lohnt sich also weiterhin
Außerdem tragen alle Figuren die Kokarde in schwarz/rot/gold.
Hier steht etwas darüber:
http://www.hambacher-schloss.de/geschic ... hichtekopf
Re: Hambacher Schloss 1832
Hallo Jörg,JTD hat geschrieben:Hallo zusammen,bricoleur hat geschrieben:Ich habe hier so einen ganz dicken Schinken über Hambach. Da ist auf dem Innendeckel und Vorsatzblatt der Hintergrund dieser Lithografie ganz groß abgebildet. Da sehe ich Rot-Gold-Schwarz, Gold-Schwarz-Rot, Schwarz-Rot-Schwarz, Rot-Schwarz-Gold und Schwarz-Gold-Rot. Irgendwie scheinen die sich damals noch nicht so einig gewesen zu sein. Ich denke, wenn man heute in einem Playmobil-Diorama die aktuelle deutsche Flagge nimmt, dann fällt das höchstens historisch Sachkundigen auf. Den Otto-Normalbetrachter würde man sonst nur verwirren, und Schulkinder sowieso. Es ist eh schon schwierig genug, heute den Sinn dieses Events zu vermitteln.
Richard
nur für den Fall, daß es wen interessiert: Unsere Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold leiten sich tatsächlich von den Uniformen des von Lützow'schen Freikorps ("Lützows wilde, verwegene Jagd") her: Schwarzer Stoff, roter Besatz, messingfarbene ("goldene") Knöpfe. Als Fahnen wurden sie bereits deutlich früher (auf alle Fälle anläßlich des ersten Wartburgfestes im Oktober 1817) gezeigt. Die Interpretation: "Aus der schwarzen Nacht der Knechtschaft durch blutige Kämpfe ins goldene Licht der Freiheit." Der Bezug: Als Knechtschaft wird hier die französische Besetzung der deutschen Länder während der napoleonischen Kriege gesehen, als "blutige Kämpfe" die Befreiungskriege gegen Napoleon 1813 - 1815.
In den Befreiungskriegen - das heißt, schon vorher, ab 1809 - bildeten sich sog. "Freikorps", also Verbände aus Freiwilligen, die nicht Teil der regulären Armeen waren. Bis dahin waren hierzulande Kriege eigentlich "Kabinettskriege", d. h. (flapsig ausgedrückt) die Streitkräfte gehörten dem jeweiligen Fürsten und es ging das Volk überhaupt nichts an, ob der Fürst mit seinem Heer einen Krieg gewann oder verlor. (Siehe die Anschläge in Berlin nach der Schlacht von Jena und Auerstädt 1806: "Der König hat eine Bataille verloren. Ruhe ist jetzt die erste Bürgerpflicht.") In den Freikorps fanden sich vielfach national eingestellte Bürger und Studenten, die (wieder flapsig ausgedrückt) der Meinung waren, es ginge sie sehr wohl was an, wer denn den Krieg gewinnt und über das Land herrscht - im Prinzip begann damit die Entwicklung des Bewußtseins vom Untertanen zum Bürger.
Nach dem Ende der napoleonischen Kriege waren es dieselben Kreise, die forderten, daß die deutschen Länder zu einem Reich vereinigt werden sollten: "Die politische Zerissenheit Deutschlands soll der politischen, religiösen und wirtschaftlichen Einheit weichen." Zitiert aus den 35 Grundsätzen und 12 Beschlüssen des Wartburgfestes, 18.10.1817, nach Wikipedia. Symbol der Forderung nach der deutschen Einheit waren die Farben Schwarz, Rot und Gold - und ja, über die Reihenfolge der Farben war man sich noch nicht einig. Am ersten Wartburgfest nahmen viele Studenten teil, die im von Lützow'schen Freikorps oder in anderen Freiwilligenverbänden gekämpft hatten.
Das 1871 gegründete Deutsche Kaiserreich wählte die Farben Schwarz-Weiß-Rot (zusammengesetzt aus dem Schwarz-Weiß Preußens und dem Weiß-Rot des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (erstmals 12. Jhdt.))- gerade um anzuzeigen, daß die Einigung eben nicht auf die Initiative des Volkes (gipfelnd in der Revolution 1848/49) geschah. Erst mit Gründung der Weimarer Republik wurde Schwarz-Rot-Gold erstmals Nationalflagge.
Der Grund für die "schwarz-rot-goldenen"Uniformen des von Lützow'schen Freikorps war indes ein ganz banaler: Die Freiwilligen mußten sich komplett selbst ausrüsten und bewaffenen - und schwarz einfärben war die einfachste Möglichkeit, der mitgebrachten Zivilkleidung eine einheitliche Farbe zu geben.
Nachbemerkung (und dann ist endgültig Schluß mit Klugscheißen): Einige wenige Lützower trugen für sehr kurze Zeit den Totenkopf ohne Unterkiefer am Tschako. Von Seiten der preußischen Militärführung bestand man aber darauf, daß der Totenkopf als Abzeichen dem 1. Regiment Leibhusaren vorbehalten sei; die Lützower hatten den Totenkopf abzunehmen.
besten Dank für die erhellende Geschichtsstunde. Höchstwahrscheinlich werde ich dieses Jahr noch so einen Marsch auf das Hambacher Schloss organisieren, allerdings etwas kleiner. Aber mit Bürger wird es was zu tun haben, in einer etwas anderen Dimension:
http://weltbuerger-forum.xobor.de/t40f2 ... tml#msg163
Gruß
Richard
- Playmo-family
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- Beiträge: 20543
- Registriert: Dienstag 12. Juni 2007, 07:40
Re: Hambacher Schloss 1832
Hallo Jolande
Danke für diese tollen Fotos.
Da bekommt man wirklich einen perfekten Eindruck
Viele Grüße
Ute
Danke für diese tollen Fotos.
Da bekommt man wirklich einen perfekten Eindruck
Viele Grüße
Ute