Irgendwann merke ich, dass Theo verschwunden ist und gehe ihn suchen.
Schließlich finde ich ihn auf dem Dachboden, wo er zwischen all meinem
Playmobil am Boden hockt und völlig verstört wirkt.
»Du spielst mit Playmobil?«, ringt er sich endlich ab. »Du bist
doch kein Kind mehr.«
»Warum so erschüttert?«, frage ich amüsiert. »Das Spiel ist die erste
und wirksamste Meditation der Menschheit. Täte dir bestimmt gut, das
wieder einmal zu probieren.«
»Mag sein.« Er starrt lange vor sich hin. »Ich bin dir ziemlich auf die Nerven
gefallen, wie? Das tut mir leid. Danke, dass ihr mich gerettet habt.«
»Was macht dich so fertig?«, will ich wissen.
Theo erhebt sich und versucht ein missglücktes Lächeln.
»Ich habe meine Realität verloren«, gibt er dann leise zu. »Ich bin auf einem
Schmetterling geritten. Ich habe Aliens gesehen! Ich wurde quer über den
Erdball gebeamt. Ich sah ein grünes eckiges Wesen, das ihr Noppengnom
nennt. Und ich höre euch von Dinosauriern reden, gerade so, als gäbe es sie
noch. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Die Welt ist nicht mehr wie zuvor.«
»Doch, das ist sie«, verspreche ich. »Die Welt und die Realitäten, auch deine, sind
immer im Wandel. Wenn du das nicht verleugnest, gewinnst du neue Erkenntnisse.«
Wir gehen runter. Dabei sieht er mein Arbeitszimmer und bleibt stehen.
Die vielen Bücher wecken sein Interesse.
»Ich dachte, du liest nur Märchenbücher«, entfährt es ihm.
»Die lese ich auch«, gebe ich lachend zu. »Aber noch lieber schreibe ich sie.
Wunderst du dich jetzt über diese vielen Lexikas, Bücher übers Altertum
oder über die Naturführer?«
»Eigentlich über alles.« Jetzt lächelt er. »Es gibt wohl kein Gebiet, das dich
nicht wenigstens ein bisschen interessiert. Ich dachte ja, du bist richtig verrückt.«
»Jetzt nicht mehr?«
»Nein, jetzt denke ich eher, ich bin verknöchert und du vielseitig und lebendig.«
Wir gehen nach unten. Ich hatte ja schon Sorge, dass er jetzt wieder mit seiner
Süßholzraspelei anfängt, doch Theo beteiligt sich nun an den allgemeinen
Gesprächen und scheint seinen Anflug von Zweifel und Verunsicherung überwunden
zu haben. Naja, vielleicht ist er ja doch nicht so übel, wie ich bisher annahm.
Die Ersten wollen gehen. Ich bringe sie bis zur Tür. Wir verabschieden uns sehr
herzlich. Emmy möchte, dass ich sie bald einmal in ihrer Gärtnerei besuchen
komme. Überhaupt sollten wir uns alle bald mal wieder treffen. Die Rallye
war eine tolle Zeit. Aber das soll der Alltag ja schließlich auch sein.
Es ist spät, als sich die Letzten dann auch verabschieden.
»Wir telefonieren«, verspricht Chris.
»Wir könnten uns doch alle mal auf dem Weihnachtsmarkt treffen«, schlägt
Catty vor. »Der fängt ja nächste Woche schon an.«
»Aber der Weihnachtsmann dort ist dann hoffentlich nicht echt«, spöttelt
Theo in einer Tonlage, die inzwischen auch das für möglich hält.
Und dann sind alle fort und ich bin allein. Floh, Zecke, Kiki und die Katzen
finden es ganz gut, dass der Trubel jetzt ein Ende hat. Ein bisschen Chaos
blieb zurück. Das beseitige ich dann morgen.
Die nächsten Tage (oder Wochen?) will ich jedenfalls keine Abenteuer mehr erleben,
sondern nur noch ausruhen und endlich einmal einen normalen Alltag genießen.