Wir sind den ganzen Tag durchgeflogen und inzwischen ziemlich
müde. Morgen dürften wir Oregon erreichen - das ist eine wirklich
heftige Strecke gewesen. Es ist jetzt auch deutlich wärmer, was
bedeutet, dass unsere Flieger noch schneller sind. Auf der Suche nach
einem Schlafplatz erblicken wir ein einsam stehendes Haus unter uns.
Wir landen in der Nähe, aber gut verborgen hinter einigen Felsen.
»Warum die Leute dort wohl das Haus ausräumen?«, überlege ich.
»Wenn ich so einsam leben müsste, würde ich wohl auch möglichst
schnell wegziehen wollen«, meint Falk.
»Wir können sie ja fragen«, schlage ich vor. »Aber zuerst will ich mich umziehen.«
Falk legt seine Pelzmütze ab. Ich freue mich über ein kurzärmeliges
Hemd. Wir wollen wirklich zu den Menschen hingehen. Lobo hat
nichts dagegen, bleibt aber selbst bei den Fahrzeugen und hält dort Wache.
›»Ist das Hotel noch in Betrieb?«, frage ich nach kurzem Gruß.
»Schon lange nicht mehr«, lacht der Mann. »Der Goldrausch
ist ewig her. Braucht ihr ein Zimmer für die Nacht? Das kann
man irgendwie einrichten.«
Die Frau pfeift ihren Hund zurück, der mit den Spitzen tollen will.
»Lohnt sich eh, bis morgen zu bleiben«, rät sie. »Conny Cash kommt vorbei.«
»Echt? Wirklich Conny Cash Höchstselbst?«, vergewissere ich
mich begeistert, denn ich liebe diese Musik.
»Ja, gibt morgen ein kleines Konzert für die paar Leute, die
im Umkreis wohnen. Ist hier aufgewachsen und jetzt auf Weg
zum Mount St.Helens für das ganz große Konzert des Jahres.«
»Ach«, verstehe ich, »ihr baut hier die Bühne auf. Wir bleiben
gern bis morgen - und beim Aufbau helfen wir auch.«
»Was für eine süße Eule«, freut sich die Frau. »Wie heißt sie denn?«
»Das ist Eulalia«, antwortet Falk artig. »Womöglich stört euch aber ihr Rufen in der Nacht.«
»Ach wo - Eulen klingen immer noch angenehmer als die Kojoten«, lacht sie.
Der Hund und meine Begleitung schließen sofort Freundschaft
und tollen miteinander herum. Sie freuen sich wohl über ausge-
lassene Bewegung, was auf einem Flieger ja nicht geht. Die Leute
spendieren ein reichliches Abendbrot und geben uns Nachtlager in
den ehemaligen Hotelzimmern, die inzwischen reichlich ramponiert sind.
Eulalia sitzt draußen und ruft die ganze Nacht:
»Schuhu schuhuuu, buhu buhuuuu.«
Irgendwann wird es Falk zu dumm und er holt sie durchs
Fenster rein. Jetzt herrscht Ruhe.
»Wie kann eine Eule nur so viel Angst vor der Dunkelheit haben«,
tadelt er leise, wobei seine Stimme fast zärtlich klingt.
Jetzt freue ich mich darauf,, morgen Conny Cash singen zu hören.
Eiskugel hin oder her - so viel Zeit muss sein.