Nicht sehr viel später taucht die Polizei auf und riegelt erst einmal
das gesamte Hotel ab. Die Türen werden verschlossen und sind ab
jetzt bewacht. Da im ersten Moment jeder Gast zugleich auch ein
Verdächtiger ist, darf niemand das Hotel jetzt verlassen.
Sensationen verbreiten sich immer schnell. Wenig später taucht schon
das Fernsehen auf. Wir sehen es durch die Fenster und von den Balkonen
aus. Die Presse will Auskünfte. Aber dafür ist es natürlich noch viel zu früh.
Vom Balkon aus sehe ich, wie es den Beamten kaum möglich ist,
unbelästigt das Hotel zu betreten.
»Herr Kommissar«, ruft der TV-Mensch, »haben sie schon erste Erkenntnisse?«
»Ich komme ja eben erst an«, knurrt der. »Geben sie den Weg frei.«
»Eine kurze Stellungnahme bitte.«
»Kein Kommentar!«
Charly bringt Kommissar Thomas Lierksen nach oben.
»Gäste müssen in ihren Zimmern bleiben«, blafft der mich an.
»Hunde müssen ab und an raus«, antworte ich gelassen. »Wenn sie
also nicht den Mief von ihren Häufchen haben wollen ...«
»Schon gut«, knurrt er.
Der Aufenthaltsraum neben meinem Zimmer soll als Verhörraum dienen.
Lierksen ist damit zufrieden. Aber ehe irgendwelche Verhöre beginnen,
will er natürlich die Leiche sehen, die Ergebnisse der Spurensicherung
abwarten und sich über die anwesenden Gäste informieren.
Das alles dauert und zieht sich in die Länge.
Irgendwann gehe ich mit den Hunden wieder raus. Charly kommt zu mir.
»Taubenschlag wurde weggebracht«, erzählt er. »Es war wirklich Gift.
Kein gutes Gefühl, zu wissen, dass irgendwer hier ein Mörder ist.«
»Der Professor hatte ja mit jedem Streit«, antworte ich.
»Mit dir auch?«
»Ja, er war ziemlich wütend über meine Erzählung und fühlte sich
persönlich angegriffen durch sie.«
»Nicht ganz zu Unrecht«, grinst Charly da. »Den großen Empfang für heute
hat man übrigens abgesagt. Aber abreisen geht trotzdem nicht.«
In diesem Moment ertönt das Quäken eines Neugeborenen. Charlotte hat
es geschafft und einem gesunden Mädchen das Leben geschenkt. Auch wenn
der Mord alle bedrückt (na ja, bis auf den Mörder vermutlich), ist das Baby
jetzt erst einmal das Allerwichtigste. Jeder kommt und gratuliert.
Der Hoteldirektor ruft die Gäste zusammen. Er bedauert den Vorfall und die
Unannehmlichkeiten. Der Kommissar wird morgen alle Gäste vernehmen und
dann wird sich alles hoffentlich sehr schnell aufklären.
Er wünscht uns trotzdem einen weiterhin angenehmen Aufenthalt, was
angesichts der Vorkommnisse wie blanker Hohn erscheint.