Das Ritterturnier - Wie alles begann -

Die Kronenburger

Es war einmal vor vielen hundert Jahren zu einer Zeit, in der das Gute vom Bösen bedroht wurde. Ritter und Könige beschützten die Menschen, Zauberer und Feen heilten ihre Krankheiten. Doch Hexen, Druiden und Ungeheuer versetzten die gute Welt immer wieder in Angst und Schrecken.
Alljährlich fand ein großes Ritterfest statt. Es wurde zum Andenken an den großen Sieg gegen die böse Drachenarmee gefeiert, die vor hundert Jahren die gute Welt erobern wollte. In diesem Jahr hatten König Romulo und Königin Konstanze von der Kronenburg zum Ritterfest eingeladen.

Vor und in der Burg fand ein großes Markttreiben statt. Händler aus aller Welt boten ihre Waren an.

Die Kronenburger

Gaukler und Musiker spielten in den Gassen der Stadt. Höhepunkt war wieder einmal der Ritterwettkampf.

Die Kronenburger

Im Burghof übten die Ritter der Kronenburg, um sich auf die Wettkämpfe vorzubereiten. Energisch schlug dort eine junge Frau auf das Schwert eines der Ritter ein. Dieser fiel von der Wucht der Schläge nach hinten um und lag besiegt auf dem Boden. „So, jetzt bin ich beim Turnier dabei!”, rief die Siegerin. Sie war Elena von Kronenburg, die Tochter von König Romulo und Königin Konstanze. Aber jeder kannte sie besser unter ihrem Spitznamen Ritterlinchen.

Die Kronenburger

„Warum können Mädchen keine Ritter werden?”, war einst die Frage, die sie ihren Eltern gestellt hatte. Diese hatten darauf keine Antwort. Seitdem war das Mädchen der Liebling der Ritter auf der Kronenenburg. Altmeister Gisbert hatte seine Freude an ihr. Er zeigte Ritterlinchen alle seine ausgefallenen Tricks, und Elena war eine gelehrige Schülerin.
„Mein gutes Kind, komm einmal her!”, rief Gisbert die Prinzessin zu sich. Sie wurde stocksauer, denn wenn der Altmeister sie so zu sich rief, war irgend etwas im Busch. „Dein Vater erlaubt es nicht, dass du am Turnier teilnimmst.” Heulend lief Ritterlinchen in den Thronsaal zu König Romulo. „Nein, nein, nein!”, rief er schon als sie hereinkam: „Das Turnier ist etwas für harte Männer!” Elena entgegnete: „Ich habe sie doch alle besiegt, deine tollen Ritter!”

Die Kronenburger

Ein großer Streit hallte durch die Burg. Altmeister Gisbert schlug letztendlich vor, dass Elena beim Reitwettbewerb die Kronenburger vertreten könnte. Ihr Pferd Isidor war das schnellste im ganzen Land und nur die Prinzessin konnte auf diesem Pferd reiten. Widerwillig gab der König seine Zustimmung. Gisbert zwinkerte Ritterlinchen zu, als er merkte, dass sie wieder Luft holen wollte, um weiter zu streiten und sprach: „Die anderen Ritter sollen doch auch ihre Chance bekommen, nicht wahr mein Kind?” Zähneknirschend, aber froh dabei zu sein, ging das Ritterfräulein in den Stall zu seinem Pferd.

Die Kronenburger

Im Burghof trafen die Turmritter ein. Wütend stürmte ihr König in den Thronsaal. „Wer hat die Schwarzen Ritter eingeladen?“, rief er in die Halle. König Romulo wartete, bis der Verärgerte vor ihm stand. Dann antwortete er: „Das Ritterfest findet in diesem Jahr auf der Kronenburg statt, und damit lade ich die Gäste ein. Wenn ihr damit nicht einverstanden seid, steht es euch frei wieder abzureisen.” Leander, der Zauberer und enge Ratgeber des Königs, fügte hinzu:. „Auch ich habe ihm dazu geraten! Die eigentliche Aufgabe des Turniers ist es, sich allzeit bereit zu halten, um gegen das Böse zu kämpfen. Ohne die Schwarzen Ritter wurde das Ritterfest dieser Aufgabe schon lange nicht mehr gerecht.“

Die Kronenburger

Königin Konstanze mahnte die Ritter zur Einigkeit. Denn die Legende erzählte, dass sich alle hundert Jahre die böse Welt zu einem großen Unheil zusammenschließen könnte. Das magische Kristallschwert wäre immer noch in deren Besitz. „Vor vielen, vielen Jahren kämpfte die gute Welt gegen die böse Drachenarmee. Und nur durch großen Zusammenhalt und den Mut aller Kämpfer wurde der Angriff abgewehrt“, sagte sie.
Da wurde es leise im Thronsaal, und jeder wusste, dieses Mal würde es beim Ritterturnier so hart zugehen wie schon lange nicht mehr.

Die Kronenburger

Ritterlinchen ging zum Fenster und schaute hinaus. Man hörte, dass draußen die Moosländer eingetroffen waren, denn sie fingen sofort an zu feiern. „Die Sonne geht dieses Jahr ungewöhnlich früh unter“, sprach Linchen zum Zauberer Leander, der sich zu ihr gesellte. „Ja , das fällt mir auch schon eine ganze Weile auf. Die Farben am Abendhimmel leuchten gar nicht mehr so hell“, entgegnete jener und verabschiedete sich, um noch in seine Werkstatt zu gehen.

Die Kronenburger

Dort flackerte ein kleines Feuer im Kamin und im Schein der Flammen sah man drei schwarz gekleidete Gestalten. „Hallo Prinz Fabian, wie geht es deinen Eltern?”, fragte der Zauberer. Einer der drei Schwarzen Ritter drehte sich um und antwortete: „Danke gut, ich soll die besten Grüße ausrichten.” Der Magier drückte die Hand des jungen Mannes und sagte: „König Romulo kommt gleich. Stimmt es, dass morgen beim Turnier kein anderer Ritter eine Chance haben wird, und reitest du wirklich auf Wirbelwind?” Die drei Ritter lächelten nur und Prinz Fabian antwortete: „Ja, das Pferd meines Vaters hat schon seit ich ein Kind war, auf mich aufgepasst.” Leander ergänzte: „Stimmt, ich weiß noch, wie es dich einmal gegen ein ganzes Wolfsrudel verteidigt hatte. ”In diesem Moment betrat König Romulo den Raum. Er begrüßte die Ritter herzlich und fragte nach der Nachricht, die der Prinz mitbringen sollte. Leander und Romulo lasen den Brief aufmerksam. Er erzählte von Gerüchten aus dem Norden. Dort wäre ein Wesen, genannt Schlurp, auf dem Vormarsch. Es sollte alle Farben und das Licht in sich hinein saugen. Ein weiteres Gerücht besagte, dass von Süden her, Drachen wieder anfingen die Dörfer und Städte zu plündern. „Keine gute Nachrichten”, sprach der König, nahm die drei Männer mit und ließ sie vom Kommandanten der Burggarde in ihre Schlafräume bringen.

Die Kronenburger

Als die Nacht anbrach, wurde es ganz ruhig um die Burg und den Turnierplatz. Jeder Ritter war gespannt auf den nächsten Tag.

Dunkle Wolken lagen vor dem Mond. Hinter den Turnierzelten der Ritter trieben sich düstere Gestalten herum. Sie machten sich an den Waffen der Ritter zu schaffen. „Streiche die Pfeile der Schwarzen Ritter nur auf einer Seite mit dem Zauberbrei an, und du wechsele die Schutzvorrichtungen an ihren Lanzen aus. Die sollen morgen ihr blaues Wunder erleben!“, kommandierte eine leise Stimme die anderen Schurken. Doch als die Wolke weiterzog, konnte man sie kurz im Mondschein erkennen. „Halt, stehenbleiben!“, rief ein Wachsoldat der Kronenburg, und sogleich rannten die Kronenburger zu den Zelten. Es gab nur einen kurzen Kampf, denn die Verbrecher machten sich sofort aus dem Staub. Sie vergaßen allerdings einen ihrer Schilde.

Die Kronenburger

Sofort weckten die Kronenburger König Romulo und berichteten von dem Vorfall. „Es wurde nichts entwendet oder zerstört, scheinbar konnten die Wachsoldaten gerade noch rechtzeitig ein Verbrechen verhindern“, sprach Ritterlinchen zu ihrem Vater. Doch sonderbar war der Schild, der gefunden wurde. Er hatte zwar andere Farben, aber auch ein Drachenzeichen wie das der Schwarzen Ritter. „ Wir sind sowieso dagegen, dass hier Schwarze Ritter mitmachen!“, schrien die anderen Ritter durcheinander. Gleich machte das Gerücht die Runde, dass die Schwarzen Ritter irgendetwas vorhätten, um das Turnier auf betrügerische Weise zu gewinnen.

Die Kronenburger

Am nächsten Tag kündigten die Fanfaren die Wettstreiter an, und die Turnierritter zogen mit einer prächtigen Parade auf den Kampfplatz. Alle Ritter wurden mit Jubel empfangen. Aber beim Einmarsch der Schwarzen Ritter wurde nur verhalten geklatscht.

Die Kronenburger

Jeder Ritterclan konnte drei Kämpfer ins Rennen schicken. Ritterlinchen war im Team der Kronenburger dabei. Die erste Aufgabe war Bogenschießen. Dort legten die Moosländer wieder die besten Ergebnisse vor. Sie waren Spezialisten für Pfeil und Bogen. Ungewöhnlich waren die Schießversuche der Schwarzen Ritter. Jeder Pfeil flog in einem großen Bogen am Ziel vorbei. Beinahe wurde das Zelt der Königinnen getroffen. Der dritte Schuss drehte nach oben und tötete einen Turmfalken, das Wappentier der Turmritter, der auf einem Baum über der Zielscheibe saß. Die Schwarzen Ritter wurden daraufhin arg beschimpft. Ihnen wurde unterstellt, Unfrieden stiften zu wollen.

Die Kronenburger

Beim Lanzenturnier kam es zum Kampf Ritter gegen Ritter, und die Verlierer schieden aus. Damit sich die Ritter nicht gegenseitig verletzten, sondern sich nur von den Pferden stoßen konnten, waren die Spitzen der Lanzen mit Metallkugeln gesichert.
Es war kurz vor Schluss des Wettstreits, als nur noch die besten vier Ritter übrig waren. Ein Schwarzer Ritter trat gegen einen Kronenburger an. Mit voller Wucht prallten beide aufeinander. Dabei stieß der Schwarze Ritter seinen Gegner vom Pferd. Ein großes Raunen ging durch die Menge. Der Kronenburger hatte eine große, stark blutende Wunde an seiner Schulter. Ritterlinchen rannte sofort zu ihrem Kameraden und half, ihn in sein Zelt zu bringen. Alle brüllten die schlimmsten Schimpfwörter, als der Schwarze Ritter zum Zelt seiner Kameraden ritt.

Die Kronenburger

Elena bemerkte anschließend, dass die Spitze der Lanze nicht mit einer Metallkugel, sondern nur mit einer Holzkugel gesichert war, die sich beim heftigen Zusammenprall aufgespalten hatte. Doch dies interessierte niemanden. Ein Schwanenritter in seiner goldenen Rüstung gewann den Lanzenwettbewerb, denn der Schwarze Ritter stellte sich keinem weiteren Duell mehr.