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Fredeswind
- die Märchenfee
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von Fredeswind » Freitag 25. April 2014, 10:09
Am Abende, wenn die Arbeit ruhete, saßen die beiden Alten bisweilen sommers vor der Türe und winters am warmen Ofen, und die Frau spann, neben ihr saß die Katze und spann auch, aber leider keinen Faden, und die Schlange hatte Schlupfgänge, welche die Mäuse ausgearbeitet hatten, und kam herauf, und da hörten Mann und Frau zu, wie die beiden Tiere einander Geschichten erzählten, in denen Katzen oder Schlangen stets die Hauptrollen spielten.
Die Schlange insonderheit war schon ziemlich alt und sehr erfahren, und konnte sehr vieles erzählen, teils was sie selbst erlebt hatte, teils was sie von ihrer Mutter und Großmutter gehört. „Ich weiß nicht, ob du die Geschichte von jener Frau kennst“, sprach eines Abends die Schlange zu ihrer Freundin, der Katze: „Welche lange Zeit eine Schlange an ihrer Brust trug?“ „Nein, die kenne ich nicht; ich werde dir sehr dankbar sein, wenn du sie mir erzählst“, antwortete die Katze, und strich sich mit ihrer rechten Pfote über den Kopf, worauf die Schlange das folgende Märchen erzählte:
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Global Player
- Finsterling
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von Global Player » Freitag 25. April 2014, 10:15
Das geht ja noch weiter...mit einer Geschichte in der Geschichte!
Prima!
LG GP
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Fredeswind
- die Märchenfee
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von Fredeswind » Freitag 25. April 2014, 10:21
Die Schlangenamme
„Es war einmal eine arme Frau, die ging eines Morgens auf die Wiese, Gras zu mähen, und trug mit sich ihr kleines Kind, das noch an ihrer Brust trank. Sie legte das Kindlein, als sie dasselbe gestillt hatte und es eingeschlafen war, sanft auf den Rasenrain, wo sie es weich und sorglich bettete, unter den Schatten eine alten Weide, welche hohl war. Im Stamme dieser Weide aber wohnte eine Schlange.
Die Frau wartete fleißig ihrer Arbeit, bis zur Stunde des Mittags, in der sie ihre Sense niederlegte, und hin zu ihrem lieben Kinde ging, ihm wieder Nahrung zu geben, so wie auch selbst ihr Mittagsbrot zu genießen. Als letzteres geschehen war, legte sie ihr Kindlein an ihre Brust und summte ihm ein Schlummerlied, und da der Tag sehr heiß war, und die Arbeit des Grasmähens die Frau auch ermüdet hatte, so entschlummerte sie selbst, und das Kind ließ ab von der Brust der Mutter und schlief in ihren Armen sanft ein.
Das alles hatte die kleine Schlange gesehen, die im Stamme der alten Weide wohnte, weil sie hervorgekrochen war, sich zu sonnen und zu sömmern in der heißen Mittagsluft, und weil wir Schlangen gerne Milch trinken, so schlich sie sich sachte herbei, und saugte sich an der Brust der jungen Mutter an, und trank mit großem Behagen die süße Muttermilch.
Aber groß war der Schrecken jener Frau, als sie aus ihrem Schlummer erwachte, und nun gewahrte, welch einen ungebetenen Gast sie ernährte. Da erwachte die alte Feindschaft zwischen den Weibern und der Schlange auf das höchste, aber der Schlange gefiel es all zu wohl da, wo sie war, und die Frau durfte sie nicht mit Gewalt wegreißen, denn gleich beim ersten Versuche hielt sich die Schlange so fest, dass es schmerzte, und die junge Mutter musste gewärtigen, dass die Schlange sie beißen würde, wenn sie ihr Gewalt antue.
Da blieb nun der Frau für ihr Kindlein nur die eine Brust, und die andere behauptete die Schlange, die nicht mehr abließ, zumal die Milch ihr wundersam zum Wachstume gedieh, und dem Kindlein schadete es auch nicht im mindesten, dass es an der Schlange eine Milchschwester hatte, es gedieh ebenfalls und wuchs mit der Schlange um die Wette.
Die Frau hätte ganz zufrieden sein können, denn wo Schlangen wohnen, kehrt Glück und Segen ein, wenn nicht das blöde Vorurteil und die Furcht gewesen wäre, die Schlange würde sie stechen, als ob wir Schlangen einen Stachel im Maule hätten. Auch nennen die Menschen uns hässlich, während sie sich für schön halten, und so beschränkt in ihrem Verstande sind, nicht einsehen zu können, dass die ganze Schöpfung kein so vollendet schönes Geschöpf aufzeigt, als eine Schlange ist; Rundung und Fülle, frei von der Unzier hässlicher Haare und Borsten, Anmut in jeder Bewegung, Vollkraft im tadellosen Wellenbau unseres Körpers, der unentstellt ist durch eckige, krallige Glieder oder Stelzbeine.
Zuletzt geändert von
Fredeswind am Freitag 25. April 2014, 10:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Fredeswind
- die Märchenfee
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von Fredeswind » Freitag 25. April 2014, 10:31
Da sich nun aber fort und fort jenes Weib abhärmte, und die Schlange sich fort und fort an ihr ernährte, und bereits die Dicke eines Menschenarmes erreicht hatte, so musste das Kind entwöhnt werden. Aber die Schlange ließ sich nicht entwöhnen, die wuchs und wuchs, während der Schlangenrachen fest an ihre Brust geheftet blieb. Zum Unglück hatte die Frau auch noch den Hohn ihrer Nachbarn, die ihr den Namen Schlangen-Amme beilegten.
Schon zehn Monate trug jene Frau die Schlange, da kam von ohngefähr ein Fremder in das Dorf, der hörte die Märe, von der alle Welt sprach, und ging zu der Frau, und sah den Gast, und ihre sich abzehrende Gestalt, und ihren Jammer, dass die Schlange nicht von ihr abließ – und sagte ihr: „Frau, ich will Euch wohl von dieser Schlange helfen, wenn Ihr mir im Vertrauen nach dem Walde folgen wollt, und Euch nicht fürchten, wenn Ihr der Schlangen noch mehr seht. Dass Euch keine ein Leid zufügt, dafür stehe ich.“
Dieser Mann war ein Schlangenbeschwörer, die Frau folgte ihm vertrauungsvoll in den nahen Wald, darin er an einer baumfreien Stelle mit seinem Stabe einen Kreis zog, und auf einer Pfeife gellend pfiff. Da rischelte und raschelte es bald darauf durch Gras und Waldlaub und Büsche und es kamen von allen Seiten Schlangen herbei, große und kleine, dass der Frau angst und bange ward, und sie aus dem Kreise entspringen wollte, aber der Zauberer winkte ihr, und bedeutete ihr ruhig zu stehen, und blies wieder, und da begannen alle Schlangen ihre Köpfe und Oberleiber kerzengerade in die Höhe zu richten und zu tanzen.
Und mit einemmale wurde auch die Schlange an der Brust der Frau unruhig, machte mit ihrem Leibe sanfte Bewegungen, ihr Kopf ließ die Brust fahren und rasch glitt zum Boden nieder und ringelte sich auf die andern Schlangen zu, um mit ihnen zu tanzen, während der Zauberer auf seiner Pfeife lustige Stücke spielte.
Da fühlte jenes Weib sich mit einem Male erlöst, und war ganz glücklich. Sie konnte nun wieder ungehindert arbeiten, war nicht mehr der Gegenstand eines unvernünftigen Abscheues ihrer Mitmenschen, welche wunders glaubten, womit die arme Frau sich versündigt habe, weil sie den Lindwurm tragen musste und erzog mit Liebe und Sorgfalt ihr munteres Kindlein.
Als das Kind mehrere Jahre alt geworden war, lief es eines Tages mit Nachbarskindern in den nahen Wald, dort Beeren zu suchen. Es war schon gegen Abend, und die Kinder waren noch nicht wieder Hause gekommen. Die Mutter saß mit einer Arbeit vor ihrem Hause, und sahe von Zeit zu Zeit nach dem Ausgange des Waldes hin.
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Fredeswind
- die Märchenfee
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von Fredeswind » Freitag 25. April 2014, 10:41
Auf einmal hörte die Frau von dorther ein grässliches Geschrei der Kinder durcheinander, und sah das Häuflein in eiligster Flucht aus dem Walde hervorstürzen, und nach dem Dorfe zu, aber ihr eigenes kleines Kindlein, das noch nicht so laufen konnte, wie die größeren, war nicht darunter. Und da schrie ein Knabe: ‚Ein Wolf! Ein Wolf!‘ , und ein zweiter schrie: ‚Ein Bär! ein großer Bär!‘, und ein dritter: ‚Eine Schlange, eine gräuliche Schlange!‘, dass der Mutter das Herz erschrak, und sie aufsprang und nach dem nahen Walde hin eilte.
Vergebens fragte sie die Kinder, die in Hast an ihr vorüber eilten, nach ihrem eigenen Kinde, keines stand ihr Rede, die Angst jagte alle vorbei. Kaum war das geschehen, so sah die Frau einen großen Wolf, der noch einige wunderliche Sprünge machte, aber dann vor ihren Augen zusammenbrach, und alle viere von sich streckte.
Voll Entsetzen eilte die Frau am Wolfe vorüber, und erreichte den Saum des Waldes, da bot sich ihr ein schrecklicher Anblick. Ein lautbrüllender Bär bäumte sich, aber nicht gegen die Frau, sondern im Kampfe mit einer großen Schlange, die ihn eng umringelt hatte, und ihm die Kehle zuschnürte – und kaum hatte jene ihn aufrecht gesehen, so stürzte er nieder.
Und neben der Stelle, wo er am Boden sich ausatmend und zuckend lag – o Wunder, da lag unversehrt und süß schlummernd, das Kind der Frau, auf welches diese sich mit einem lauten Freudenschrei stürzte.
Jetzt aber ringelte sich die Schlange vom Halse und Leibe des Bären los, und kaltes Entsetzen übergoss die Frau aufs Neue – sie kannte diese Schlange. Die Schlange aber sprach zu ihr: ‚Du brauchst dich vor mir nicht zu fürchten. Die Schlangen sind nicht falsch und nicht undankbar, wie ihr Menschen euch einbildet und euch einredet, und uns zu Sinnbildern eures Hasses stempelt.
Du bist es, die mich so groß und stark gesäugt, dass ich im Stande war, den Wolf und den Bär zu entseelen, die deinem Kinde Gefahr drohten. Ich habe Gutes mit Gutem gelohnt! Fahre wohl!‘ Und ringelte sich in die Büsche.“
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Global Player
- Finsterling
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von Global Player » Freitag 25. April 2014, 10:44
Ohne Spaß...ich hatte gerade eine Gänsehaut!
Soooo schön!
LG GP
PS: Ich hasse Vorurteile....
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Der Archivar
- Mega-Klicky
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von Der Archivar » Freitag 25. April 2014, 18:07
Eine Ringeldingsgeschichte in einer Ringeldingsgeschichte!
Du hast uns mit deiner gelungen Umsetzung wieder eine große Freude bereitet!
Vielen Dank!
LG
Michael
The playmobil kids of 1974
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Fredeswind
- die Märchenfee
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von Fredeswind » Mittwoch 28. Mai 2014, 14:16
Der Archivar hat geschrieben:Eine Ringeldingsgeschichte in einer Ringeldingsgeschichte!
Du hast uns mit deiner gelungen Umsetzung wieder eine große Freude bereitet!
Vielen Dank!
LG
Michael
für dein Kompliment!
Jetzt folgt eine Miezemauzgeschichte in der Ringeldingsgeschichte!
Viel Spaß Beim Schmökern!
LG von der Märchenfee Fredeswind
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Fredeswind
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von Fredeswind » Mittwoch 28. Mai 2014, 14:21
Mit Vergnügen hörte die Katze die Erzählung ihrer Freundin, der Schlange, und als diese geendet hatte, sagte sie: „Kein Tiergeschlecht hat vom Undanke der Menschen so viel zu leiden, als wir armen Katzen. Wie diese Menschen euch Schlangen zu Sinnbildern der Falschheit, des Undankes und der Bosheit machen, so auch uns, deshalb tun wir beide wohl, uns zusammen und Freundschaft miteinander zu halten. Da heißt es immer: die falsche Katze, Katzenfalschheit, und solcher Ehrentitel mehr, die wir erhalten. Eines ihrer zahlreichen Laster, den Diebstahl, haben die Menschen nach unserem vom Schöpfer in uns gelegten Beruf und Nahrungstrieb, Mäuse zu fangen, das Mausen genannt, was doch recht schändlich von ihnen ist, und endlich haben sie die Lügenmäre ersonnen, dass ihre bösen Hexenweiber und Teufelsbündnerinnen sich in ein so edles und schönes Geschöpf, wie eine Katze ist, verwandeln könnten; das hat dann wieder dahin geführt, dass viele Menschen jede Katze für eine Hexe halten, durch welche heilige Einfalt schon viele Tausende unseres Geschlechtes den grausamsten Tod erlitten haben. Doch ich bin weit entfernt, mich und mein Geschlecht selbst zu loben, ich bedarf in Wahrheit nicht des Eigenlobes. Mein Märchen lautet:
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Fredeswind
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von Fredeswind » Mittwoch 28. Mai 2014, 14:34
Klare-Mond
Es lebte einmal ein Mann, der hatte auf seinem Hause einen schönen geräumigen Söller, von welchem aus man sich einer herrlichen Aussicht über die Stadt, in welcher er wohnte, und in deren ganze Umgegend erfreute. Nahe diesem Söller war im Sommer des Mannes Schlafgemach, und es führte aus diesem eine Türe heraus auf das mit Blumentöpfen geschmückte Belvedere.
In einer wunderherrlichen Sommernacht, in welcher der volle Mond prachtvoll schien, und der Himmel voll Sterne stand, erwachte jener Mann von himmlischen Tönen, die ganz in seiner Nähe erklangen. Er erhob sich von seinem Lager und sah hinaus auf seinen Söller, da erblickte er mit großem Erstaunen eine zahlreiche Gesellschaft schöner Damen, teils in weißen, teils in farbigen und dunkeln Kleidern, alle vom angenehmsten Äußern, die saßen um eine Tafel herum, welche gewöhnlich auf dem Söller stand, und sangen mit den lieblichsten Stimmen einen Rundreim, welcher lautete:
‚Wir trinken hier viel süßeren Wein,
Als Burgunderwein,
Als Champagnerwein,
Wir trinken den klaren Mondenschein.‘
Indessen schien diese zarte Gesellschaft auch einige leibliche Erquickung nicht zu verschmähen, mindestens sahe der Mann, dass sotane Frauengesellschaft auch irdischen Wein und niedliche Speisen genoss. Er konnte sich, da er ein Hagestolz war, und außer alter Dienerschaft sein Haus ganz allein bewohnte, gar nicht denken, wer diese vielen Frauen und Fräulein waren, und woher sie in aller Welt gekommen seien, und weshalb gerade zu ihm herauf?
Es deuchte ihm endlich ein hübscher Traum zu sein, aber dagegen stritt, dass er sich dennoch lebhaft wachend fühlte, und so gedachte er bei sich: Ich bin doch der Herr des Hauses, ich habe ein Recht, in diese Gesellschaft zu treten, da werde ich ja gleich hören, welche seltsame Veranlassung sie zu mir herauf führt. So klinkte der Mann die Türe auf, und trat unbefangen mit freundlichem Gruße zu den Damen heraus.
Diese erhoben sich bei seinem Anblick alsbald alle von ihren Sitzen, und ein ganz artiges junges Mädchen in einen schneeweißen Kleide, mit schönem Haar und rosenrotem Mäulchen und Händchen trat auf ihn zu, und sprach: ‚Verzeihet gütigst, edler Herr, die Freiheit, die wir uns genommen, diese schöne wonnevolle Mainacht auf Euerm Söller zu feiern, und nehmt es nicht für ungut, wenn vielleicht unser Gesang Euern Schlummer gestört hat. Gesellet Euch zu uns, nehmt Platz, nehmt Essen, nehmt Wein!‘
Der Mann wusste nicht, wie ihm geschah, des kleinen holdseligen Fräuleins liebliches Geplauder schnitt ihm alle Fragen vom Munde ab, er setzte sich mit an die Tafel, ließ sich nicht ungern ein Gläschen Sekt kredenzen, und da er mit ihnen trank, sangen jetzt die Damen ihren Reim ein wenig verändert:
‚Wir trinken den allerköstlichsten Wein,
Burgunderwein!
Champagnerwein!
Und den klaren, klaren Mondenschein!‘
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Fredeswind
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von Fredeswind » Mittwoch 28. Mai 2014, 15:15
Das weißgekleidete Mägdlein schmiegte sich mit so großer Zutraulichkeit an den Mann, wie eine junge Tochter an einen Vater, den sie liebt. Sie bot ihm nun auch von dem Essen an; auch von diesem nahm er, doch wollte er ihm nicht recht munden, es fehlte ihm etwas, und er sagte daher: ‚Verehrte Damen! Dürfte ich Sie wohl in Gottes Namen um ein wenig Salz bitten?'
Kaum waren diese Worte gesprochen, als plötzlich der Mann an der Stelle des lieblichen Gesanges ein wildes Durcheinander von Katzenstimmen hörte, für deren zarten, melodischen und unvergleichlichen Wohllaut den plumpen Menschen das Ohr gänzlich verschlossen ist, und ihnen kein Sinn innewohnt – und nicht minder erblickte er die ganze Gesellschaft zu lauter Katzen geworden, darunter seine eigene, welche eben das schöne weiße Fräulein gewesen war, welches heute seinen eigenen Geburtsabend feierte.
Der Mann sah aber die Katzen nur noch nach allen Seiten hin vom Söller auf die Dächer springen, schnell über die Firste laufen, und ehe er sich's versah, war alles, samt Gläsern, Tellern, Wein und Essen verschwunden, bis auf das Stückchen, das er in der Hand hielt, und das nichts war, als ein Restchen altbackener Matzen.
Seine eigene Katze war in sein Schlafgemach geflüchtet, in das er nun ebenfalls sehr erbost zurück schritt, und nach einem spanischen Rohre griff, um die so schön geübte Gastfreundschaft mit Undank zu vergelten.
Als nun der Mann mit dem Prügel unter sein Bette fuhr, fauchte und schrie die weiße Katze furchtbar, sprang unter dem Bette hervor, und abermals durch das Fenster, hinaus auf den Söller, auf ein Dach und kam niemals wieder.
Als der Mann, was ihm mit den Katzen begegnet war, nun häufig seinen Freunden erzählte, dazu ihnen den Reim jedes Mal vorsang und allen Katzen Vertilgung zuschwur, so lachten die Freunde viel über ihn, und nannte ihn spottweise Klare - Mond und Katzen-Herodes bis an sein Ende.“
Anmerkung der Redaktion:
Matzen: jüdisches ungesäuertes Brot, ähnlich wie Knäckebrot
Spanisches Rohr: schnellwachsendes starkes, bis zu 6 m hohes Schilfgras.
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Carola
- Maxi-Klicky
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Beitrag
von Carola » Mittwoch 28. Mai 2014, 18:01
Liebe Grüße Carola