Fredeswinds Märchenschatztruhe
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- Fredeswind
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Die Probestücke des Meisterdiebes (Ludwig Bechstein)
Da fiel das Mütterlein ihrem Sohn an das Herz und um den Hals, küsste ihn und weinte. Sie sagte: „Dieb hin, Dieb her! Du bist doch mein lieber Sohn, den ich unterm Herzen getragen habe, und mir hüpft das Herz hoch in der Brust, dass ich dich in meinen alten Tagen wieder gesehen! Ach, was wird dein Herr Pate sagen, droben auf dem Schloss der Edelmann!“
„Ja!“, sprach dazwischen der Vater, während alle drei nun miteinander tapfer in die Klöße einhieben: „Dein Herr Pate wird nichts von dir wissen wollen, bei so bewandten Umständen, wie es mit dir steht; er wird dich am Ende an dem lichten Galgen zappeln lassen.“ „Nun, besuchen will ich ihn doch, den Herrn Paten!“, antwortete der Sohn, ließ seinen Wagen anspannen und fuhr aufs Schloss hinauf.
Der Edelmann war sehr erfreut, seinen Paten, den er als armes Kind aus Gnaden zur Taufe gehoben, so stattlich wieder vor sich treten zu sehen, als dieser sich ihm zu erkennen gab. Aber darüber freute er sich nicht im Mindesten, als auf Befragen, was er denn in der Welt geworden sei, der junge Pate zur Antwort gab, er wäre ein ausgelernter Spitzbube geworden.
Sann also bald darüber nach, wie er mit guter Art einen so gefährlichen Menschen in Zeiten loswerden möchte. „Wohlan“, sprach der Edelmann zu seinem Paten, „wir wollen sehen, ob du das Deinige ordentlich gelernt hast, und ein so großer Dieb geworden bist, den man mit Ehren laufen lassen kann, oder nur so ein kleiner, den man an den ersten besten Galgen henkt. Letzteres werde ich in meinem Gerichtsbann mit dir unfehlbar tun, wenn du nicht die drei Proben bestehst, die ich dir auferlegen werde!“
„Nur her damit, gestrenger Herr Pate! Ich fürchte mich vor keiner Arbeit.“ Der Edelmann sann eine kleine Weile nach, dann sprach er: „Hör an! Dieses sind die drei Proben. Zum ersten: stiehl mir mein Leibpferd aus dem Stalle, den ich wohl bewachen lasse von Soldaten und Stallleuten, die jeden totschlagen, der Miene macht, in den Stall zu dringen.
Zum andern stiehl mir, wenn ich mit meiner Frau im Bette liege, das Betttuch unterm Leibe weg, und meiner Frau den Trauring vom Finger, doch wisse, dass ich geladene Pistolen zur Hand habe. Zum dritten und letzten - und merke, das ist das schwerste Stück: stiehl mir Pfarrer und Schulmeister aus der Kirche und hänge sie beide lebend in einem Sack in meinen Schornstein. Tor und Türen im Schlosse sollen dir dazu offen stehen.“
Der Meisterdieb bedankte sich freundlich bei seinem Herrn Paten, dass er ihm so leichte Stücklein aufgegeben, und ging seiner Wege, um in nächster Nacht gleich das erste Stück auszuführen. Der Edelmann traf alle Anstalten, sein Leibross gut bewachen zu lassen.
„Ja!“, sprach dazwischen der Vater, während alle drei nun miteinander tapfer in die Klöße einhieben: „Dein Herr Pate wird nichts von dir wissen wollen, bei so bewandten Umständen, wie es mit dir steht; er wird dich am Ende an dem lichten Galgen zappeln lassen.“ „Nun, besuchen will ich ihn doch, den Herrn Paten!“, antwortete der Sohn, ließ seinen Wagen anspannen und fuhr aufs Schloss hinauf.
Der Edelmann war sehr erfreut, seinen Paten, den er als armes Kind aus Gnaden zur Taufe gehoben, so stattlich wieder vor sich treten zu sehen, als dieser sich ihm zu erkennen gab. Aber darüber freute er sich nicht im Mindesten, als auf Befragen, was er denn in der Welt geworden sei, der junge Pate zur Antwort gab, er wäre ein ausgelernter Spitzbube geworden.
Sann also bald darüber nach, wie er mit guter Art einen so gefährlichen Menschen in Zeiten loswerden möchte. „Wohlan“, sprach der Edelmann zu seinem Paten, „wir wollen sehen, ob du das Deinige ordentlich gelernt hast, und ein so großer Dieb geworden bist, den man mit Ehren laufen lassen kann, oder nur so ein kleiner, den man an den ersten besten Galgen henkt. Letzteres werde ich in meinem Gerichtsbann mit dir unfehlbar tun, wenn du nicht die drei Proben bestehst, die ich dir auferlegen werde!“
„Nur her damit, gestrenger Herr Pate! Ich fürchte mich vor keiner Arbeit.“ Der Edelmann sann eine kleine Weile nach, dann sprach er: „Hör an! Dieses sind die drei Proben. Zum ersten: stiehl mir mein Leibpferd aus dem Stalle, den ich wohl bewachen lasse von Soldaten und Stallleuten, die jeden totschlagen, der Miene macht, in den Stall zu dringen.
Zum andern stiehl mir, wenn ich mit meiner Frau im Bette liege, das Betttuch unterm Leibe weg, und meiner Frau den Trauring vom Finger, doch wisse, dass ich geladene Pistolen zur Hand habe. Zum dritten und letzten - und merke, das ist das schwerste Stück: stiehl mir Pfarrer und Schulmeister aus der Kirche und hänge sie beide lebend in einem Sack in meinen Schornstein. Tor und Türen im Schlosse sollen dir dazu offen stehen.“
Der Meisterdieb bedankte sich freundlich bei seinem Herrn Paten, dass er ihm so leichte Stücklein aufgegeben, und ging seiner Wege, um in nächster Nacht gleich das erste Stück auszuführen. Der Edelmann traf alle Anstalten, sein Leibross gut bewachen zu lassen.
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)
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Re: Märchen
Leichte Aufgaben sind das ja nicht - aber in den Märchen sind sie das ja wirklich nie
Man hört nicht auf, zu spielen, weil man alt wird - man wird alt, weil man aufhört, zu spielen.
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Re: Märchen
Na, dann bin ich ja gespannt, wie es weitergeht.
Du hast die Märchen so schön und liebevoll mit Playmobil umgesetzt, es macht richtig Spaß, wieder Märchen zu lesen.
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Re: Märchen
Ischade hat geschrieben:Na, für einen echten Meisterdieb wohl kein Problem!
Freue mich auf die Fortsetzung!
Wollen wir doch zumindest hoffen, dass das kein Problem ist.
LG von der Märchenfee Fredeswind
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Re: Märchen
Mara hat geschrieben:Leichte Aufgaben sind das ja nicht - aber in den Märchen sind sie das ja wirklich nie
Ich hätte nicht gewusst, wie ich sie lösen könnte.
LG von der Märchenfee Fredeswind
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Re: Märchen
Jolande hat geschrieben:Na, dann bin ich ja gespannt, wie es weitergeht.
Du hast die Märchen so schön und liebevoll mit Playmobil umgesetzt, es macht richtig Spaß, wieder Märchen zu lesen.
Das freut mich sehr, dass du wieder Spaß an Märchen hast!
Hallo Jolande,
herzlich willkommen in meiner Märchenwelt! Freut mich, dass du hier her gefunden hast!
Viel Spaß weiterhin beim Schmökern in meiner Märchenschatztruhe!
LG von der Märchenfee Fredeswind
Geht auch gleich weiter!
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Die Probestücke des Meisterdiebes (Ludwig Bechstein)
Sein erster Reitknecht musste sich darauf setzen, ein anderer Diener musste den Zaum fassen, ein dritter den Schwanz, und vor die Türe ordnete der Herr eine Soldatenwache. Die wachten und wachten, froren und fluchten, denn es war kalt, und alle waren durstig.
Da zeigte sich ein altes müdes Mütterlein, das trug ein Fässlein auf einem Korbe, hüstelte schwer und keuchte zum Schlosshof hinein. Das Fässlein weckte in der Seele der Soldaten ganz besonders anziehende Gedanken, nämlich die, dass möglicherweise Branntwein darin sein könne, und dass Branntwein ein Spezifikum gegen den Nachtfrost sei und gegen die bösen Nebel.
Riefen daher das alte Mütterlein zum Feuer, dass sich's wärme, und forschten nach dem Inhalt des Fässleins. Richtig geahnt! Branntwein war darin, und noch dazu veredelter, Doppelpomeranzen, Spanischbitter oder so eine Sorte.
Auch war das Fässlein nicht tückischer Weise verpicht und verspundet, sondern es war ein Hähnlein daran, und die Frau hatte, das war das Beste, den Branntwein zu verkaufen.
Da kauften die Soldaten ein Becherlein ums andere, riefen es auch den Wächtern im Stalle zu, dass draußen im Hofe der Weizen blühe, und das alte Frauchen hatte alle Hände voll zu tun mit Einschenken, so dass ihr Fässlein schier leer war.
Da zeigte sich ein altes müdes Mütterlein, das trug ein Fässlein auf einem Korbe, hüstelte schwer und keuchte zum Schlosshof hinein. Das Fässlein weckte in der Seele der Soldaten ganz besonders anziehende Gedanken, nämlich die, dass möglicherweise Branntwein darin sein könne, und dass Branntwein ein Spezifikum gegen den Nachtfrost sei und gegen die bösen Nebel.
Riefen daher das alte Mütterlein zum Feuer, dass sich's wärme, und forschten nach dem Inhalt des Fässleins. Richtig geahnt! Branntwein war darin, und noch dazu veredelter, Doppelpomeranzen, Spanischbitter oder so eine Sorte.
Auch war das Fässlein nicht tückischer Weise verpicht und verspundet, sondern es war ein Hähnlein daran, und die Frau hatte, das war das Beste, den Branntwein zu verkaufen.
Da kauften die Soldaten ein Becherlein ums andere, riefen es auch den Wächtern im Stalle zu, dass draußen im Hofe der Weizen blühe, und das alte Frauchen hatte alle Hände voll zu tun mit Einschenken, so dass ihr Fässlein schier leer war.
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Die Probestücke des Meisterdiebes (Ludwig Bechstein)
Die alte Frau war aber kein anderer Mensch als der Erzdieb, der sich gut verkleidet und in den Schnaps einen barbarischen Schlaftrunk gemischt hatte. Es währte gar nicht lange, so fiel ein Soldat nach dem andern in Schlaf und den anderen Wächtern fielen auch die Augen zu.
Er setzte den Reitknecht sanft rittlings auf die Schranke setzen und was weniges anbinden, damit der gute Mensch nicht etwa auch da herunter falle und Schaden leide. Dem Leibkutscher, der den Zaum gehalten hatte und schnarchte, lieh der Dieb einen Strick in die Hand, und dem Stallknecht statt des Rossschweifes ein Strohseil.
Dann nahm er eine Pferdedecke, schnitt sie in Stücken, wickelte sie um des Rosses Füße, schwang sich in den Sattel, und heidi, hast du nicht gesehen - zum Stall und zum offen gebliebenen Schlosstor hinaus.
Als es heller Tag geworden, sah der Edelmann zum Fenster hinaus, und sah einen stattlichen Reiter daher galoppiert kommen, auf einem nicht minder stattlichen Ross, das ihm so bekannt vorkam. Der Reiter hielt an, und bot guten Morgen hinauf zum Schloßfenster. „Guten Morgen, Herr Pate! Euer Pferd ist Goldes wert!“ „Ei dass dich alle Teufel!“, rief der Edelmann, wie er sah, dass das Pferd das seine war. „Du bist ein Gaudieb! Nu, nu - nur zu! Lass deine Kunst weiter sehen!“
Der Edelmann nahm seine Reitpeitsche und ging nach dem Stalle voller Zorn. Als er aber die wunderlichen Gruppen der noch immer schlafenden Wächter sah, musste er laut auflachen; gedachte aber bald in seinem Herzen: „Wenn der Gauner diese Nacht kommt, mir das Betttuch zu stehlen, will ich ihm eine Kugel durch den Kopf schießen, denn solch einen gefährlichen Kerl möchte ich nicht in meiner Nähe wissen.
Er setzte den Reitknecht sanft rittlings auf die Schranke setzen und was weniges anbinden, damit der gute Mensch nicht etwa auch da herunter falle und Schaden leide. Dem Leibkutscher, der den Zaum gehalten hatte und schnarchte, lieh der Dieb einen Strick in die Hand, und dem Stallknecht statt des Rossschweifes ein Strohseil.
Dann nahm er eine Pferdedecke, schnitt sie in Stücken, wickelte sie um des Rosses Füße, schwang sich in den Sattel, und heidi, hast du nicht gesehen - zum Stall und zum offen gebliebenen Schlosstor hinaus.
Als es heller Tag geworden, sah der Edelmann zum Fenster hinaus, und sah einen stattlichen Reiter daher galoppiert kommen, auf einem nicht minder stattlichen Ross, das ihm so bekannt vorkam. Der Reiter hielt an, und bot guten Morgen hinauf zum Schloßfenster. „Guten Morgen, Herr Pate! Euer Pferd ist Goldes wert!“ „Ei dass dich alle Teufel!“, rief der Edelmann, wie er sah, dass das Pferd das seine war. „Du bist ein Gaudieb! Nu, nu - nur zu! Lass deine Kunst weiter sehen!“
Der Edelmann nahm seine Reitpeitsche und ging nach dem Stalle voller Zorn. Als er aber die wunderlichen Gruppen der noch immer schlafenden Wächter sah, musste er laut auflachen; gedachte aber bald in seinem Herzen: „Wenn der Gauner diese Nacht kommt, mir das Betttuch zu stehlen, will ich ihm eine Kugel durch den Kopf schießen, denn solch einen gefährlichen Kerl möchte ich nicht in meiner Nähe wissen.
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Re: Märchen
Ischade hat geschrieben:Oh oh... die Soldaten bekommen sicher Ärger hinterher!
Tja, darüber schweigt sich das Märchen aus. Ich könnte es mir jedoch durchaus vorstellen.
LG von der Märchenfee Fredeswind
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Re: Märchen
Ach was - die sind ja nicht besoffen, die halten im Schlaf das vermeintliche Pferd fest. Das muss ein böser Zauber gewesen sein
Man hört nicht auf, zu spielen, weil man alt wird - man wird alt, weil man aufhört, zu spielen.
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Re: Märchen
Ich glaube nicht, dass die Wächter viel Ärger bekommen haben.
Ihr Herr hat gelacht - das ist gut.
Scheinbar hat er dann nicht die mitgenommene Reitpeitsche auf ihnen tanzen lassen.
Mal sehen, ob er, der Edelmann, besser wachen kann...
LG SQ
Ihr Herr hat gelacht - das ist gut.
Scheinbar hat er dann nicht die mitgenommene Reitpeitsche auf ihnen tanzen lassen.
Mal sehen, ob er, der Edelmann, besser wachen kann...
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Re: Märchen
Oh, was für ein böser Zaubertrank.Mara hat geschrieben:Ach was - die sind ja nicht besoffen, die halten im Schlaf das vermeintliche Pferd fest. Das muss ein böser Zauber gewesen sein
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Re: Märchen
Ich denke auch, dass sie keinen Ärger bekommen haben, denn der Edelmann scheint es eher mit Humor genommen zu haben. Die Szenerie mus ja auch wirklich zu Lachen gewesen sein.Schoko-Queen hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die Wächter viel Ärger bekommen haben.
Ihr Herr hat gelacht - das ist gut.
Scheinbar hat er dann nicht die mitgenommene Reitpeitsche auf ihnen tanzen lassen.
Mal sehen, ob er, der Edelmann, besser wachen kann...
LG SQ
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Gleich seht ihr, ob der Edelmann besser wachen kann ....
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