Fredeswinds Märchenschatztruhe

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Fredeswind
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Die Probestücke des Meisterdiebes (Ludwig Bechstein)

Beitrag von Fredeswind » Montag 23. November 2015, 08:44

Da nun die Nacht herbeigekommen war, legte sich der Edelmann mit seiner Frau zu Bette, und neben sich legte er eine geladene Pistole, schlief auch nicht ein, sondern blieb wachsam, horchte und lauschte, ob sich nichts regte. Lange blieb alles still, jetzt endlich, es war schon ziemlich dunkel, war es, als würde eine lange Leiter angelehnt.

Probe 34.JPG


Bald darauf wurde draußen am Fenster die Gestalt eines Menschen sichtbar, der herein steigen wollte. „Erschrick nicht, Frau!“, rief leise der Edelmann, nahm die Pistole, zielte gut, drückte los, und schoss den Räuber mitten durch den Kopf, dieser wankte und gleich darauf hörte man unten einen schweren Fall. „Der steht nicht wieder auf.“, sprach der Edelmann, „doch möcht ich Aufsehen vermeiden, ich will deshalb geschwind die Leiter hinunter steigen, dass im Hause kein Lärm wird, und den Erschossenen bei Seite schaffen.“ Das war der Edelfrau recht, und ihr Mann tat, wie er gesagt.

Probe 35.JPG


Bald darauf kam er wieder herauf und sprach zur Frau: „Der ist mausetot, ich will dem armen Teufel aber doch, ehe ich ihn in die Grube werfe, in einen Leinlacken hüllen, und da er um deines Ringes willen sein Leben hat lassen müssen, so wollen wir ihm diesen anstecken; gib mir den Ring und auch das Betttuch.“

Probe 36.JPG


Die Frau gab beides her, und jener stieg eilend wieder hinunter. Es war aber nicht der Edelmann, sondern der Meisterdieb, der, um sein Stücklein auszuführen, vom ersten besten Galgen (damals gab es in Deutschland noch alle Wege viele Galgen), einen Gehenkten abgeschnitten und ihn dann auf seine Schultern geladen hatte, als er die Leiter emporstieg. Wie drinnen der Schuss fiel, ließ er den Leichnam hinunter stürzen, stieg eilend die Leiter herab und versteckte sich. Und wie nun der Edelmann herunter kam, und sich mit dem vermeintlich Erschossenen zu schaffen machte, wischte er rasch hinauf ins Zimmer der Frau, ahmte des Paten Stimme nach und forderte Ring und Betttuch.

Probe 37.JPG
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Die Probestücke des Meisterdiebes (Ludwig Bechstein)

Beitrag von Fredeswind » Montag 23. November 2015, 08:54

Am andern Morgen sah der Edelmann wieder nach seiner Gewohnheit zum Fenster hinaus, da ging drunten ein Mann auf und ab, der hatte, wie es schien, Leinwand zu verkaufen, mindestens trug er ein zusammengeschlagenes Bündel über der Schulter, und ließ einen schönen Ring in der Morgensonne blitzen und funkeln.

Probe 38.JPG


Mit einem Male rief der Mann hinauf: „Schönsten guten Morgen, Herr Pate! Ich wünsche Ihnen und der Frau Patin recht wohl geruht zu haben!“ - Der Edelmann war wie vom Donner gerührt, als er seinen Paten, den er die vorige Nacht mit eigner Hand erschossen und mit derselben Hand in eine Grube geworfen, leibhaftig stehen sah, und fragte hastig seine Frau nach Ring und Tuch.

Probe 39.JPG


„Nun, du hast es mir ja diese Nacht abverlangt!“ erwiderte die Dame. „Der Satan! Aber ich nicht!“ tobte der Edelmann - doch gab er sich bald wieder, in Erwägung, dass der kühne Dieb noch mehr hätte nehmen können. Er machte dem Paten eine Faust zum Fenster hinaus und rief: „Erzgauner! Das dritte! Das dritte bringt dich sicherlich an den Galgen!“

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Floranja89
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Re: Märchen

Beitrag von Floranja89 » Montag 23. November 2015, 09:02

Hallo Märchenfee
Also, wenn man ein Märchen gar nicht kennt, kann das ganz schön spannend sein. :zitter
Bin gespannt, wie es weiter geht. :popcorn

LG Susanne
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Artona
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Re: Märchen

Beitrag von Artona » Montag 23. November 2015, 09:26

Wieder total schöne Bilder!
Nur der Edelmann ist im Schlafanzug schlanker. :kicher Wie macht er das bloß :gruebel .
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Fredeswind
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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Montag 23. November 2015, 09:43

Floranja89 hat geschrieben:Hallo Märchenfee
Also, wenn man ein Märchen gar nicht kennt, kann das ganz schön spannend sein. :zitter
Bin gespannt, wie es weiter geht. :popcorn

LG Susanne
:dank :dank :oops :oops

Es geht bald weiter, nur nicht jetzt.

:mussweg

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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Montag 23. November 2015, 09:47

Artona hat geschrieben:Wieder total schöne Bilder!
Nur der Edelmann ist im Schlafanzug schlanker. :kicher Wie macht er das bloß :gruebel .
:kicher Sehr aufmerksam beobachtet. Aber ich habe keinen Dicken im Schlafanzug. :pfeif

Betrachte es doch einfach als optische Täuschung. :brille
Der Edelmann ist auch im Schlafanzug dick, aber der längsgestreifte Schlafanzug macht ihn schlank aussehend. :kicher

LG von der Märchenfee Fredeswind :fee

:mussweg
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Re: Märchen

Beitrag von Artona » Montag 23. November 2015, 10:07

So eine Klamotte brauche ich ganz dringend auch, aber bitte für tagsüber! :kicher
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Ischade
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Re: Märchen

Beitrag von Ischade » Montag 23. November 2015, 14:30

Eine wunderschöne Umsetzung des Märchens. ich bin schon ganz gespannt auf das Ende!
Artona hat geschrieben:Nur der Edelmann ist im Schlafanzug schlanker. :kicher Wie macht er das bloß :gruebel .
Na ich denke mal, der Schlafanzug ist ja nur dünnes Linnen, während er tagsüber sicher ein Hemd, ein Unterhemd, eine Weste. Darunter sicher noch so ein - wie heißt das? - so ein Steifes Unterziehteil, damit alles richtig sitzt, Darüber die Jacke mit allem Möglichen in den Taschen, da kann man schon deutlich dicker aussehen!
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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 25. November 2015, 08:44

Ischade hat geschrieben:Eine wunderschöne Umsetzung des Märchens. ich bin schon ganz gespannt auf das Ende!

Na ich denke mal, der Schlafanzug ist ja nur dünnes Linnen, während er tagsüber sicher ein Hemd, ein Unterhemd, eine Weste. Darunter sicher noch so ein - wie heißt das? - so ein Steifes Unterziehteil, damit alles richtig sitzt, Darüber die Jacke mit allem Möglichen in den Taschen, da kann man schon deutlich dicker aussehen!
:dank :dank :oops :oops

Da könntest du durchaus Recht haben mit den ganzen Kleidungsstücken. :gruebel

LG von der Märchenfee Fredeswind :fee
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Die Probestücke des Meisterdiebes (Ludwig Bechstein)

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 25. November 2015, 08:47

In der nächsten Nacht darauf begab sich etwas Seltsames auf dem Gottesacker. Der Schulmeister, der diesem zunächst wohnte, wurde es zuerst gewahr und meldete es dem Herrn Pfarrer. Über den Gräbern wandelten kleine brennende Lichtlein in unsteter Bewegung umher. „Das sind die armen Seelen, Schulmeister!“, flüsterte der Pfarrer mit Grausen.

Probe 41.JPG


Plötzlich erschien eine große schwarze Gestalt vor der Kirchtüre, die rief mit hohlem Tone:

„Kommt all zu mir, kommt all zu mir,
Der jüngste Tag ist vor der Tür!
O Menschenkinder, betet still!
Die Toten sammeln schon ihr Gebein!
Wer mit mir in den Himmel will,
Der kreuch in diesen Sack hinein!“


Probe 42.JPG


„Wollen wir?“, fragte der Schulmeister den Pfarrer mit Zähneklappern. „Zeit wär's vorm Torschluss. Der heilige Apostel Petrus ruft uns, das ist keine Frage. Aber Reisegeld?“ „Ich habe mir zwanzig Kronen erdarbt“, wisperte das Schulmeisterlein. “ „Ich habe hundert Dicketonnen (Laubthaler) für den Notfall zurückgelegt!“ sprach der Pfarrer. „Holen wir‘s und nehmen‘s mit!“, riefen beide und taten also.

Probe 43.JPG


Dann näherten sie sich der schwarzen Gestalt mit Furcht und Zittern. Diese war der Meisterdieb; er hatte Krebse gekauft und ihnen brennende Wachslichterlein auf den Rücken geklebt, das waren die armen Seelen, hatte eine Mönchskutte, und einen Hopfensack, in den er die beiden aufnahm, nachdem er ihnen ihr Erspartes abgenommen.

Probe 44.JPG
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Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 25. November 2015, 08:51

Jetzt schnürte er den Sack zu und schleifte ihn hinter sich her durch das Dorf und durch einen Tümpel, wobei er rief: „Jetzt geht's durch das Rote Meer!“, dann durch den Bach: „Jetzt geht's durch den Bach Kidron“, dann durch die Schlossflur, allwo es kühl war: „Jetzt geht's durch das Tal Josaphat“, dann zur Treppe hinauf: „Dieses ist schon die Himmelsleiter.“ Endlich hing er den Sack im Schornstein auf an einen Haken, daran man die Schinken räuchert, machte darunter einen ziemlichen Qualm und rief mit schrecklicher Stimme: „Dieses ist das Fegefeuer! Dieses dauert etwelche Jahre!“, und machte sich fort. Da schrieen Pfarrer und Schulmeister Zeter Mordio, dass das ganze Hausgesinde zusammen lief.

Probe 45.JPG


Der Meisterdieb aber trat kecklich zum Edelmann: „Herr Pate, meine dritte Probe ist auch gelöst. Pfarrer und Schulmeister hängen im Schornstein, und so es Euch gefällig, könnt Ihr sie selber zappeln sehen und schreien hören!“ „O du Erzschalk und Erzgauner, du Erzbösewicht und Meisterdieb aller Meisterdiebe!“, rief der Edelmann. Er gab gleich Befehl, jene aus dem Fegefeuer zu erlösen. „Du hast mich überwunden, hebe dich von dannen! Hier hast du ein Goldstück. Hebe dich von dannen, komme mir nicht wieder vor Augen, und lass dich für dein Geld henken, wo es dir gefällig ist.“

Probe 46.JPG


„Danke zum allerschönsten, gestrenger Herr Pate, und will so tun!“, antwortete der Spitzbub, „aber wollt Ihr nicht die Pfänder auslösen, die ich redlich erworben habe? Euer Leibross mit zweihundert Kronen, Eurer Gemahlin Trauring und das Tuch mit hundert Kronen, des Pfarrers und Schulmeisters Geld mit hundertundzwanzig Kronen! Wo nicht, so fahr ich damit von dannen.“ Den Edelmann rührte fast der Schlag; er sprach: „Lieber Pate, das war ja alles nur ein Spaß, du wirst diese Güter nicht an dir behalten wollen; ich schenke dir ja das Leben.“ „Nun, so will ich gehen, und Euch die Sachen alle herbringen!“, sprach der Meisterdieb.

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Er ging und ließ seinen Wagen anspannen, seinen alten Vater und seine Mutter hineinsetzen, setzte sich selbst auf des Edelmanns Ross, steckte den prächtigen Ring an den Finger und schickte dem Edelmann nur das Betttuch mit einem Brief, darin stand:

„Gebt dem Pfarrer und dem Schulmeister ihr Geld zurück, sonst stiehlt Euch Eure Frau
Dero untertäniger Pate und Meisterdieb.“


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Da bekam der Edelmann große Furcht, trug den Schaden und wollte nichts mehr von seinem Paten wissen, erfuhr auch nichts mehr von ihm, denn der war mit seinen Eltern in ein fernes Land gezogen und ein ehrlicher und angesehener Mann geworden.

Probe 49.JPG


ENDE
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Re: Märchen

Beitrag von Floranja89 » Mittwoch 25. November 2015, 09:08

Uiiiii, das war ja ein schlauer Spitzbub. :kicher
Na ja, wenigstens hat er sich dann noch der guten Seite zugewandt und auch seine alten Eltern nicht vergessen. :great
Danke, für das tolle Märchen und die schönen Bilder dazu. :dank

LG Susanne
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Re: Märchen

Beitrag von Ischade » Mittwoch 25. November 2015, 09:27

Ein wunderschönes Märchen!!! Vielen Dank wie immer an unsere liebe Mürchenfee!

Am lustigsten ist wohl, das ja die Herren Pfarrer und Schulmeister die Gelehrten der damaligen Zeit darstellen.. und dann so leichtgläubig waren - da haben in ihrem kurzen "Fegefeuer"- Aufendhalt hoffentlich was gelernt.
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Re: Märchen

Beitrag von Mara » Mittwoch 25. November 2015, 11:36

Hm, so ein Meisterdieb wird zum ehrlichen "Langweiler", der mühsam seine Münzen verdienen muss :gruebel
Ist das jetzt ein Aufstieg? Er hätte als "Robin Hood der Märchenwelt" Karriere machen können und viel Gutes tun :kicher

Ein wunderschönes Märchen! Vielen Dank dafür. Und wieder wunderschön in Szene gesetzt :respekt
Man hört nicht auf, zu spielen, weil man alt wird - man wird alt, weil man aufhört, zu spielen.

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Missouri Ben
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Re: Märchen

Beitrag von Missouri Ben » Mittwoch 25. November 2015, 12:33

ja :great :great :great
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