Fredeswinds Märchenschatztruhe

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Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von playmovictorian » Mittwoch 25. September 2019, 11:51

Ich bewundere sehr Ihre wunderbare Geschichte erzählen, die darin besteht, uns ganz in die Geschichte selbst, sondern auch alles, was sie von der historischen Hintergrund zu erforschen, diese wunderbaren und genauen Ansichten der Orte zu erforschen von den Hauptfiguren besucht :zehn :klatsch2

Ich liebe auch die Nüchternheit Ihrer Geschichte, die durch Bilder erzählt wird, die die Nüchternheit von Dekoren und sogar Beleuchtung enertaliert haben, die genau das widerspiegeln, worum es im 19. Jahrhundert ging :respekt

Mein Gott, würde ich nicht gerne an einer Lesung von Ihnen am Kamin am Winterabend teilnehmen ! In einer Welt der sofort Vergessenen danke ich Ihnen, dass Sie uns daran erinnert haben, was Das Erzählen von Geschichten wirklich unseren Vorfahren bedeutete, die sich in diesen langen Winternächten am Kamin versammelten :great

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Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 25. September 2019, 21:27

playmovictorian hat geschrieben:
Mittwoch 25. September 2019, 11:51
Ich bewundere sehr Ihre wunderbare Geschichte erzählen, die darin besteht, uns ganz in die Geschichte selbst, sondern auch alles, was sie von der historischen Hintergrund zu erforschen, diese wunderbaren und genauen Ansichten der Orte zu erforschen von den Hauptfiguren besucht :zehn :klatsch2

Ich liebe auch die Nüchternheit Ihrer Geschichte, die durch Bilder erzählt wird, die die Nüchternheit von Dekoren und sogar Beleuchtung enertaliert haben, die genau das widerspiegeln, worum es im 19. Jahrhundert ging :respekt

Mein Gott, würde ich nicht gerne an einer Lesung von Ihnen am Kamin am Winterabend teilnehmen ! In einer Welt der sofort Vergessenen danke ich Ihnen, dass Sie uns daran erinnert haben, was Das Erzählen von Geschichten wirklich unseren Vorfahren bedeutete, die sich in diesen langen Winternächten am Kamin versammelten :great

Karim :kavalier
:dank :dank :oops :oops

I am pleased that you have read this historical story. I think it isn't easy for you to understand this all, because it's not your mothertongue,
Thank you so much for your nice compliments. :knicks

Kind regards Irmtraud :fee
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Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 2

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 25. September 2019, 21:36

5. POITIERS-ROCHEFORT


Um vier Uhr nach Poitiers… Wir hatten eine stärkere Begleitung als gewöhnlich. Die Folge war, dass ein Kupee für die Gesamtheit der Gefangenen nicht ausgereichte und eine Teilung vorgenommen wurde. Der ‚Brigadier‘ und ich sonderten uns aus und bezogen ein Nachbarkupee… Bis dahin immer warm zusammengepfercht, musste hier die freiere Bewegung und die frischere Luft mit einer sehr empfindlichen Kälte bezahlt werden…

Endlich, zwischen zehn und elf, fuhren wir durch die glitzernden Felsmassen hindurch, auf deren Höhe sich Poitiers erhebt. Das allgemeine Frösteln spornte zur Eile; im Geschwindschritt ging es, über wohl hundert Steinstufen, die Berglehne hinan, bis wir durch ein Gewirr von Gassen hindurch (natürlich völlig unbelästigt) das Gefängnis erreichten.


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Es war elf Uhr; alles schlief. Die verschiedenen Beamte... erschienen staffelförmig, nach dem Grade ihres Ranges, der vornehmste zuletzt. Die üblichen Fragen und Schreibereien erfolgten rasch; ich bat um ein Kaminzimmer, wurde geschäftsmäßig nach der Ausreichendheit meiner Kassenbestände gefragt und erhielt das Gewünschte ohne weiteres, nachdem ich die ausreichenden Garantien gegeben hatte...

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All diese Beamten wurden unseretwegen aus dem ersten Schlaf geholt; die Unbequemlichkeit war groß, aber ich habe keine unfreundliche Miene, keine gerunzelte Stirn gesehen. Im Gegenteil, man war artig und zeigte eine gewisse Teilnahme. Es war Dienst, und damit abgemacht.

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Unser Gefängnis zu Poitiers war das besteingerichtete unter allen, die ich kennenlernte; es hatte etwas von der Opulenz eines großen Bahnhofs oder eines Musterkrankenhauses. Am andern Morgen erschien ein Mitgefangener, um ein Kohlenfeuer zu machen und überhaupt auf acht Stunden in meinen Dienst zu treten.

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Es war ein Pariser, ein allerliebster Kerl, der sich auf die Kunde hin, dass ich aus Berlin sei, zu diesem Dienst gemeldet hatte. Wir wurden bald gute Freunde. Er hatte nämlich in Constantine… Offiziers-Burschendienst beim Ulanenleutnant von Prittwitz getan…

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Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 25. September 2019, 21:50

Von diesem seinem ehemaligen Herrn sprach er nun mit der größten Anhänglichkeit, betrachtet jene Wochen als die beste Zeit seines Militärdienstes. Ich versprach, bei meiner Rückkehr nach Berlin seinem Herrn von ihm zu erzählen. Vielleicht lösen diese Zeilen mein Wort ein. Sein Name war Louis Charbault, Voltigeur im 93. Regiment.

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Die anderen Begegnungen in Poitiers waren die herkömmlichen, so dass ich – und umso lebhafter, als der schlechtziehende Kamin meine Zelle mehr und mehr mit Kohlengas zu füllen begann – mit wahrer Freude die Nachricht begrüßte: um vier Uhr nach Rochefort.

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Die Fahrt war der vom Tage vorher sehr ähnlich, nur mit dem einen Unterschiede, dass wir diesmal wieder ‚gekeilt in drangvoller fürchterlicher Enge‘ saßen, was ich, als das kleinere von zwei Übeln, freudig willkommen hieß. Um elf Uhr Ankunft. Rochefort ist noch zwei Meilen von der Küste entfernt, aber die Flut dringt bis hierher vor und macht es zu einer Seestadt.

Im Gefängnis wiederholten sich die Szenen vom Tage zuvor. Es war bitterkalt. Der Schließer, trotz später Stunde, brachte mir noch ein Abendessen, das aus Landwein, großen Birnen und einigen Nüssen bestand. Gut gemeint aber wenig geeignet, mich zu erwärmen.


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Ich wickelte mich in mein Reiseplaid, ganz dicht und fest, wie man ein Kind wickelt und schob mich vorsichtig unter die Decken, aus meinem Überzieher gleichzeitig eine Art Kuppel aufbauend, die sich über Brust und Kopf wölbte. So schlief ich endlich ein, träumend von Schneestürmen und dass ich am Wege eingeschlafen und erfroren sei.

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Beitrag von Fredeswind » Donnerstag 26. September 2019, 12:38

6. MARENNES


Bedrückend, wie der Traum, war das Erwachen. Bleiern lag es um meine Stirn; als ich mich erheben wollte, fiel ich kraftlos zurück, das Gespenst des Nervenfiebers stand vor mir. Wer einmal das Heraufziehen eines schweren Gewitters an sich beobachtet hat, behält eine Erinnerung auf Lebenszeit. Ich kam aber darüber hin, wahrscheinlich hatte mich der Kohlendampf vom Tage vorher nur betäubt und ließ meinen Zustand schlimmer scheinen, als er war.


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Es war Mittag, als ich in den Hof hinunterstieg, um mich in frischer Luft zu erholen. Ich mochte während dieses Spazierganges auf alle, die mich sahen, einen ziemlich tristen Eindruck gemacht haben, denn bei meiner Rückkehr in den großen Korridor überraschte mich die Meldung, dass ich umquartiert worden sei. Ich ging, um zunächst meinen Dank auszusprechen, und stieg dann treppauf in meine neue Behausung.

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Es war das Arbeits- und Wohnzimmer des Sohnes (jetzt bei der Armee in Paris), das man mir eingeräumt hatte, und der lang entbehrte Anblick des Wohnlichen tat mir in diesem Augenblick der Erschöpfung und des Kleinmuts unendlich wohl. Der Gesunde kann Dinge leicht entbehren, dem Kranken sind sie ein Labsal.

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Ein Schreibtisch, ein Bücherbrett, ein paar Bilder, über die Fliesen waren Teppichstreifen gelegt, im Kamin brannte ein hohes Feuer, auf dem Sims standen ein paar Vasen, dazwischen ein Spiegel. Ich sah hinein. Das erste Mal seit fünf Wochen! Ich konnte nicht finden mich verbessert zu haben.

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Beitrag von Fredeswind » Donnerstag 26. September 2019, 12:49

Zu Seiten des Kamins stand ein breiter Stuhl… Ich suchte unter den Büchern, wählte ein ‚Archéologic chrétienne‘ (christliche Archäologie) und rückte nun vor das Feuer. Von Notre Dame und der Reimser Kathedrale lesend, vergingen die Stunden. Ehe noch der Abend kam, war ich genesen. Der Direktor erschien, um nach meinem Befinden zu fragen.

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Wir sprachen von unseren Söhnen, der seine in Paris, der meine davor; die Väter saßen friedfertig beieinander. Wie kamen auch auf das Gefängniswesen… Die Gefängnisvorstände erkannten ihre Pflicht darin, zu erheben, nicht niederzudrücken; keine Sentimentalität, aber Humanität. All diese Männer empfanden sich als Träger einer Aufgabe und nahmen eine Stellung zu dieser.

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Die Insel Oléron, für die wir, meine badischen Mitgefangenen wie ich selbst, bestimmt waren, konnte von Rochefort aus zu Schiff, die Charente hinunter, ohne weitere Zwischenstationen in höchstens vier, fünf Stunden erreicht werden. Die Behörden zogen es aber vor, uns – unter Ausschluss dieses Flussweges – so weit wie möglich den Landweg machen zu lassen. Diese Etappe war Marennes.

Der Weg von Rochefort bis Marennes betrug wenig über zwei Meilen, es war also eine gute Gelegenheit gegeben, unser durch Eisenbahnfahrten nur mäßig in Zirkulation gehaltenes Blut durch einen vierstündigen Marsch wieder frisch und umlauflustig zu machen. Die Nachricht davon wurde auch mit allgemeinem Jubel aufgenommen.


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Beitrag von Fredeswind » Freitag 27. September 2019, 12:16

Ich als ‚officier supérieur‘ indes erhielt die Zusicherung eines Wagens, womit ich denn auch, trotz aller Wertschätzung energischen Blutumlaufs, schließlich einverstanden war. Um neun Uhr setzte sich die Kolonne in Bewegung. Wir waren jetzt im Ganzen achtzehn Mann. Es war ein vollständiger Zug. Erst zwei berittene Gendarme, dann mein Fuhrwerk, dann die Kolonne, dann wieder Gendarmen...

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So ging es bei schönstem Wetter aus Rochefort hinaus, die Luft war frisch, aber nicht scharf… Ich marschierte eine Viertelmeile mit, weil ich zunächst wenigstens, wie alle anderen das Bedürfnis nach Bewegung hatte, dann nahm ich meinen Platz auf dem Gefährte ein. Es war ein zweirädriger Bau...

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So ging es fast eine Meile, wo wir in einem großen Dorfe, ich glaube St. Aignair, eine erste Rast machten. Die Auberge (Herberge) hatte ganz den Charakter einer spanischen Posada (Gasthaus), alles war räucherig und geschwärzt, ein Hängekessel über dem Feuer, Heiligenbilder, die Weiber alt und hässlich. Ich bestellte Kaffee.

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Ich bestellte Kaffee und geriet beim Anblick einer großen Kaffeemühle, die herbeigeschleppt wurde, in solche Freudigkeit, dass ich auf einem Schemel am Feuer Platz nahm und energisch zu drehen begann, während in das Gesumm des brodelnden Wassers hinein die Scheite knackten und die Kanarienvögel sangen.

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Beitrag von Fredeswind » Freitag 27. September 2019, 23:16

Nach einer halben Stunde ging es weiter, immer in dem gleichen Aufzuge… Jetzt erst traten wir in ein Terrain, das diesen Küsten eigentümlich ist und die ‚Marais‘ (Meeressümpfe), angeschwemmtes, dem Meere entwachsenes Land, das aber immer noch zweilebig geblieben ist und in seinem Luch- und Sumpfcharakter nicht recht weiß, wozu es sich halten soll.

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In anderen Gegenden ist dies angeschwemmte Land, wie beispielsweise an der schleswigholsteinischen Westküste, ein vorzüglicher Boden, hier aber erweist er sich als stumpf, lehmarm, unfruchtbar und trägt nur eine kümmerliche Kruste, gerade stark genug, um ein mittelmäßiges Gras zu produzieren und eine ziemlich ausgedehnte Viehzucht zu gestatten. Dabei ungesund wie alle Sumpfgegenden.

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Die schon mit südlicher Kraft wirkende Sonne an diesem Küstenstriche hat es aber doch ermöglicht, in diesen ‚Marais‘ eine eigene Industrie großzuziehen, die nicht nur vielfach die Bevölkerung nährt, sondern auch landschaftlich diesen Gegenden einen besonderen Stempel aufdrückt. Das ist die Salzfabrikation.

In große flache Teiche wird, mit Hilfe der Flut, wenn ich nicht irre, das Seewasser geleitet und durch den einfachen Prozess der Verdunstung auf Seesalz hin bearbeitet. Mit großen Krücken, den ‚râbles‘ werden die Kristalle herausgefischt... Auf Meilen hin sieht das Auge nichts wie Wiesen... und Teiche. Sehr monoton, aber sehr eigentümlich.

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Nach abermals anderthalb Stunden erreichten wir eine Biegung der Chaussee; die Straße begann ein wenig zu steigen... Wir hatten von dieser Wegbiegung aus nur noch eine gute halbe Stunde; das belebte wieder… Von der Front her erscholl jetzt der Ruf: „Singen.“ Ich drehte mich um, und nickte ihnen zu wurde aber in demselben Augenblick von dem bangen Gedanken erfasst: was wird es geben, was wird gesungen werden.

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Beitrag von Fredeswind » Freitag 27. September 2019, 23:50

Richtig, die Wahl überstieg noch meine kühnsten Erwartungen; ein Badenser intonierte. „Ich weiß nicht, was soll das bedeuten“, und die Matrosen fielen sofort heiter und wehmutsvoll ein: „ dass ich so traurig bin.“ Sie waren aber alles andere wie traurig; namentlich der eine, ein bildhübscher Kerl,... der hatte in St. Aignair dem ‚vin blanc‘ (Weißwein) erheblich zugesprochen...

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Ein Wäldchen, Birken und Eichen, eine sauber gehaltenen‚Plantage‘ lag uns bereits zur Rechten und schon begannen einzelne Spaziergänger sich unserem Zuge anzuschließen. Das gab neuen Künstlermut, und siehe da, ein Anhaltiner Marketender, der beim Butteraufkauf in der Nähe von Laon von Franctireurs gefangengenommen worden war, kommandierte jetzt mitten aus der Kolonne Heraus : „Die Wacht am Rhein!“ Ich musste laut auflachen…

Ein halbes Dutzend Stimmen unterstützten die Forderung, und unter der in jeder Strophe aufs neue abgegebenen Versicherung, dass „lieb Vaterland ruhig sein könne“, zogen wir, hundert Meilen westwärts des Rheins, als Kriegsgefangene in Marennes ein…

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Das Gefängnis nahm uns auf; Besuche kamen, wir waren weit mehr eine Sehenswürdigkeit als wie Feinde. Der Souspräfekt begrüßte mich, ein feiner, blass und kränklich aussehender Herr, der mich lebhaft an Mr. Cialandri, den Souspräfekten in Neufchateau erinnerte. Was lag alles dazwischen! Tod und Leben.

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Beitrag von Fredeswind » Samstag 28. September 2019, 00:10

Wir hatten ziemlich freie Bewegung, jede kleine Annehmlichkeit wurde gewährt, freilich für Summen, die ans Lächerliche grenzten. Ich bezahlte ein Hammelkotelett wir ein Diner bei Very. Gegen Abend erschienen der Maire und sein erster Sekretär in meiner Zelle. Es kam Licht.

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Die beiden Herren nahmen auf einer Bank Platz, ich auf dem Bettrand. So plauderten wir. Sie waren, als Schäfer verkleidet, bei Sedan von den Preußen gefangengenommen worden und hatten beide auf dem Punkte gestanden, ihre Schlachtenamateurschaft mit dem Leben zu bezahlen. Herzog Wilhelm, von Mecklenburg hatte sie gerettet und freigegeben.

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Da waren sie nun wieder in Marennes. Als Dritter im Bunde saß ich daneben! Meiner Amateurschaft für romantische Plätze hatte mich auf französischer Seite in dieselbe bedrohliche Situation gebracht. Wie tauschten unsere Erlebnisse aus, zugleich unsere Befriedigung darüber, dass wir das überhaupt noch konnten.

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Dann trennten wir uns; der Schließer entschuldigte sich, dass er ‚schließen‘ müsse. Eine halbe Stunde später schloss ich die Augen. In der Nacht horchte ich auf, ob ich nicht den Wogengang des Atlantiks hörte, dem ich jetzt auf eine halbe Stunde nahe war. Mitunter schien es mir, als rauschte und grüßte er herüber. Aber es war nur der Wind, der durch den Kamin fuhr.

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ENDE TEIL 2
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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 1. Oktober 2019, 00:04

Kriegsgefangen, Erlebtes 1870

(frei nach Theodor Fontane, gekürzte Fassung)


Île d‘Oléron

1. DIE INSEL OLÉRON

Zwischen den Mündungen der Loire und Gironde. Aber mehr in der Nähe dieser letzteren, buchtet der Atlantische Ozean ziemlich tief ins Land hinein und schafft hier eine Küstenformation, die eine Landung des Feindes begünstigt. Es handelte sich also seit langem darum, das Land an dieser verwundbaren Stelle fest zu machen. La Rochelle und Rochefort, die an dieser Bucht gelegen sind, wurden zu Festungen. Dies genügte aber nicht. Die Annäherung musste bereits erschwert werden, und hierzu boten die vorgelegenen Inseln die beste Gelegenheit. Die kleineren wurden ihrem ganzen Umfange nach in Forts verwandelt, die größeren wurden mit einem Kranz von Werken umgeben. Dieser größeren waren zwei: Isle Ré und Isle d’Oléron, von denen man jene als ein Außenfort von La Rochelle, diese von Rochefort ansehen kann…

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Fort Louvois


Isle d’Oléron, ist viereinhalb Quadratmeilen groß… Die Bevölkerung ziemlich zahlreich und wohlhabend, hat sich in zwei Städten und vier Dörfern konzentriert. Die beiden Städte sind Château und St. Pierre. St. Pierre ist um etwas größer, steht aber an Bedeutung hinter Château zurück. Hier ist die Zitadelle, hier sind die Forts und Kasernen, hier wohnen die Behörden; es ist der beherrschende Punkt, während St. Pierre, als behagliche Ackerstadt, inmitten der Insel liegt… Dies war die Insel, für die wir bestimmt waren.

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Bild aus meinem Buch 'Kriegsgefangen'
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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 1. Oktober 2019, 00:13

2. DIE ANKUNFT

Marennes liegt nicht so unmittelbar am Meere, dass sich von hier aus die Überfahrt nach der Insel ermöglicht hätte; es bedurfte also noch eines kurzen Marsches, um die eigentliche Fährstelle zu erreichen. Dieses ist ein einzeln stehendes Gehöft, das nach der Seeseite zu einen Quai bildet. An diesem Quai liegt das Dampfschiff, das den bescheidenen Dienst einer Fähre versieht.

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Es regnete, als wir in das Fährhaus eintraten und so hatten es denn die hohen, durchwärmten Räume mit ihren flackernden Feuern verhältnismäßig leicht, einen anheimelnden Eindruck auf uns zu machen. Es war aber nicht bloß der Gegensatz von draußen und drinnen, der uns hier mit einem lebhaften Behagen erfüllte; die Ordnung, die Sauberkeit, die Wohlhabenheit, die hier unverkennbar zu Hause waren, trugen das ihrige dazu bei…

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Die Beherrscherin dieser Räume war eine Frau von Mitte siebzig, klein aber mit großen klugen Augen voll unerloschenen Feuers, unverkennbar eine Person, die vor fünfzig Jahren allen jungen Männern zwischen Marennes und Isle d’Oleron die Köpfe verdreht hatte. Sie wählte mich gleich aus der Gruppe heraus, um mir in einer liebenswürdigen, kleidsamen und ihrem Alter entsprechenden Weise den Hof zu machen.

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Diese Alte, die mit Eleganz, Schelmerei und mütterlichem Wohlwollen den Kaffeetisch arrangierte, während ihr Augenzwinkern durch drei Stuben hin dirigierte, war ein Musterstück ihrer Gattung. Ein Haus- und Eheherr… war nicht sichtbar, - ich vermute, längst seinem Geschick erlegen.

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Der Regen legte sich, der Dampfer zischte, die Gendarmen mahnten zum Aufbruch. Eine Viertelstunde später schwammen wir zwischen Festland und Insel; noch zehn Minuten… und wir lagen an dem Querdamm von Isle d’Oléron. Im Geschwindschritt, durch Neugierige wenig belästigt, ging es auf die Kommandantur zu.

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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 1. Oktober 2019, 00:28

Sie lag am andern Ende der Stadt; wir hielten vor einem Gartenzaun, über dessen Spitzen allerhand Baum und Strauchwerk hinüberwuchs; das Ganze mehr idyllisch, nach Art eine Pfarrerwohnung, als kommandanturhaft-militärisch… Dann erschien ein freundlicher Herr in Zivil… Der Herr selbst war Capitaine Forot, Bataillonschef, Kommandant von Isle d’Olèron.

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Er musterte uns, entließ die Kolonne und bat mich, ihm in sein Zimmer zu folgen. Hier wurde ich den Damen vorgestellt, unter denen sich, neben der Frau vom Hause, eine hübsche, blonde, eben erst verheiratete Elsässerin befand, deren eigentliche, stillschweigend verabredete Aufgabe dahin ging, im Verkehr mit den täglich eintreffenden Gefangenen den Interpreten zu machen…

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Wir plauderten das Übliche, und der Friede (wie immer) wurde wieder auf Tag und Stunde durch mich festgestellt. Inzwischen waren ein paar Flaschen Straßburger Bier erschienen; die junge Elsässerin präsentierte das vaterländische Gebräu, und ich lechzte mich nach sechs Wochen zum ersten Male wieder an einer Art Gerstensaft. Es war ein sehr mäßiges Produkt, aber wie immer auch, es war doch Bier…

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Capitaine Forot ließ bald die Politika fallen und ging in den Ton über, der seiner feinen und liebenswürdigen Natur der entsprechendste war, in humoristische Neckerei…; auch ich erhielt meinen Teil und musste mir Scherze über die Gefahren des Romantizismus gefallen lassen. Ich tat es nur zu gern.

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Es waren doch wieder verwandte, anheimelnde Töne. „Enfin“, so schloss er, „ich sehe die Tage heraufziehen, wo Sie die Gefangenschaft auf Isle d’Oléron segnen werden; Sie werden einen guten Stoff gewinnen und Ihr zukünftiger Biograf einen noch besseren.“

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Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von playmovictorian » Dienstag 1. Oktober 2019, 07:44

Das ist so wirklich entzückend :klatsch2 :zehn

Ich bin so glücklich, dass die Hauptfigur die Gastfreundschaft und viele Reize einer Region genießt, die meine ist, da ich ein 1685 Jahre altes Haus 80 Meilen südlich von Poitiers besitze und ich auch Oleron gut kenne :great

Ich liebe die leichte und charmante Erzählung dieser Episode und seine Begegnung mit charmanten Damen.

Der Witz über den Biographen ist ausgezeichnet :kicher
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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 1. Oktober 2019, 12:41

playmovictorian hat geschrieben:
Dienstag 1. Oktober 2019, 07:44
Das ist so wirklich entzückend :klatsch2 :zehn

Ich bin so glücklich, dass die Hauptfigur die Gastfreundschaft und viele Reize einer Region genießt, die meine ist, da ich ein 1685 Jahre altes Haus 80 Meilen südlich von Poitiers besitze und ich auch Oleron gut kenne :great

Ich liebe die leichte und charmante Erzählung dieser Episode und seine Begegnung mit charmanten Damen.

Der Witz über den Biographen ist ausgezeichnet :kicher

:dank :dank1 :oops :oops

In Moulin, Guéret, Poitiers, Rochefort, ware wir leider nicht, durch Marennes fuhren wir nur mit dem Auto. Da besteht also noch Nachholbedarf und wir werden diese Orte/Gegend sicher auch einmal bersuchen.

Liebe Grüße
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