Fredeswinds Märchenschatztruhe

** Öffentliches Forum - Für Eure Playmobil-Bildergeschichten

Moderatoren: KlickyWelt-Team, Littledive, Jedi, Junker Jörg, KlickyWelt-Team, KlickyWelt-Team, Littledive, Jedi, Junker Jörg, KlickyWelt-Team

Antworten
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von Fredeswind » Samstag 5. Oktober 2019, 21:33

Askin hat geschrieben:
Samstag 5. Oktober 2019, 20:50
Deine Skepsis war vollkommen unbegründet. :great

Danke für die sehr liebevolle und gekonnte Umsetzung :dank

Liebe Grüße
Frank
Nochmals :dank :dank1 :oops :oops

Fontane dürfte nicht ganz unschuldig daran sein.

LG von der Märchenfee Fredeswind :fee
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Samstag 5. Oktober 2019, 21:57

8. TEESTUNDE

Von sechs bis acht war Teestunde und – Empfang. Man wusste das schließlich in der ganzen Kaserne, und so hatte ich denn meist um diese Zeit Besuch. Mitunter drängte es sich, und in diesem Falle war es nichts Kleines, mit drei Gläsern und einer Zuckertüte das leibliche und mit Hilfe einer Unterhaltung, die vom Hundertsten ins Tausendste sprang, das geistige Bedürfnis der Gäste zu bestreiten...


Krieg 306.JPG


In der Regel kam man zu zweien, so dass wir uns zu dreien an den Kamin setzen konnten; Rasumofsky als dienender Bruder im Hintergrunde… Mit herzlichem Vergnügen denke ich an jene Stunden zurück... Sie gönnten mir Einblick in das Leben unseres Volks, in seiner Kraft und Güte.

Krieg 307.JPG


(Anmerkung der Redaktion: hier charakterisiert und beleuchtet Fontane sämtliche Besuche, die er erhielt. Ich lasse das außen vor, da es sich ausgesprochen schwierig gestaltet, dieses in Bilder umzusetzen.)
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von Fredeswind » Samstag 5. Oktober 2019, 22:06

Domi Silvercolt hat geschrieben:
Samstag 5. Oktober 2019, 21:12
Wirklich sehr liebevoll gestaltete Fotos! :great

Liebe Grüße
Domi
:dank :dank :oops :oops

Uff, aber auch viel viel Arbeit, ein Mammutprojekt! Wird auf die 380 Bilder zugehen zum Schluss. :wirr

LG von deer Märchenfee Fredeswind :fee
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Domi Silvercolt
Master of the Silvercolts
Beiträge: 6555
Registriert: Montag 8. März 2010, 11:50

Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von Domi Silvercolt » Samstag 5. Oktober 2019, 22:11

Fredeswind hat geschrieben:
Samstag 5. Oktober 2019, 22:06
Domi Silvercolt hat geschrieben:
Samstag 5. Oktober 2019, 21:12
Wirklich sehr liebevoll gestaltete Fotos! :great

Liebe Grüße
Domi
:dank :dank :oops :oops

Uff, aber auch viel viel Arbeit, ein Mammutprojekt! Wird auf die 380 Bilder zugehen zum Schluss. :wirr

LG von deer Märchenfee Fredeswind :fee
Du bist doch die Expertin für Mammutprojekte. :grinsen
Schau dir diesen Thread an. :pfeif


Nur wenn man sich richtig in ein Projekt reinhängt, kann man auch voll dahinterstehen.
Das bedeutet eben viel viel Arbeit.

Liebe Grüße
Domi
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von Fredeswind » Samstag 5. Oktober 2019, 22:28

Domi Silvercolt hat geschrieben:
Samstag 5. Oktober 2019, 22:11
Domi Silvercolt hat geschrieben:
Samstag 5. Oktober 2019, 21:12
Wirklich sehr liebevoll gestaltete Fotos! :great

Liebe Grüße
Domi
Du bist doch die Expertin für Mammutprojekte. :grinsen
Schau dir diesen Thread an. :pfeif


Nur wenn man sich richtig in ein Projekt reinhängt, kann man auch voll dahinterstehen.
Das bedeutet eben viel viel Arbeit.

Liebe Grüße
Domi

:dank :dank :oops :oops

Naja, wenn du es so siehst. :kicher

Reinhängen ist das richtige Wort. Das ist doch bei dir das gleiche, oder?

Viel viel Arbeit, Herausforderung und Unordnung, aber es macht auch viel viel Spaß. Auch wenn ich manchmal geglaubt habe: "Ich schaffe das nie."
Der Text ist mal fertig gekürzt und in Abschnitte aufgeteilt, jetzt muss ich dazu 'nur' noch ca. 75 Bilder fotografieren. :ohnmacht
Das Ende naht!

LG von der Märchenfee Fredeswind :fee
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Sonntag 6. Oktober 2019, 20:46

9. REGENTAGE

Sturm und Regentage, und ihrer waren nicht wenige, unterbrachen den gewöhnlichen Tagesgang und gehörten vorwiegend der Arbeit und der Lektüre. Der Lektüre! Unter gewöhnlichen Verhältnissen freilich hätt es notwendig schlecht damit stehen müssen, da ich nichts besaß als ein kleines unterwegs gekauftes Eisenbahnkursbuch und eine drei Jahre alte Nummer des Witzblattes ‚La Lune‘, die ich in einem Kommodenkasten leidlich wohlbehalten vorgefunden hatte…


Krieg 308.JPG


Der Leser mag sich berechnen, wie weit das reichte. Es hätte aber keinen Kommandanten auf Oléron geben müssen, wenn diese Verlegenheit eine dauernde hätte sein sollen; - Capitaine Forot hatte kaum von meinem Wunsche gehört, als auch schon Rasumofsky kam und mir, mit Gruß und besten Empfehlungen, drei Bücher zu überreichen: ein kleines, ein großes und ein sehr großes.

Krieg 309.JPG


Mit dem kleinen wollte es nicht gehen. Ich glaube es hieß ‚Eine Reise ins Freie‘. Noch ehe ich bis Seite hundert gekommen war, warf ich das Zeug in die Ecke. Es war mir um ein Grad zu französisch. Ich ging nun an das große Buch. Es war das ‚Memorial von St. Helena‘, das bekannte Tagebuch des Grafen Las Cases. Ich sage ‚bekannt‘, aber freilich wohl den meisten Menschen (wie mir selber) nur dem Namen nach... Ich las mit dem größten Interesse…

Krieg 310.JPG


Meine eigentlichste Freude war aber doch das sehr große Buch, in dem sich nicht eigentlich lesen, sondern nur naschen ließ. Dieses große Buch hieß ‚Autographen-Album‘… und enthielt, in Faksimilies, die handschriftlichen Aufzeichnungen von mehr als tausend Personen, Zelebritäten aus aller Welt Enden, zu elf Zwölftel natürlich Franzosen. Deutsche fast gar nicht…

Krieg 311.JPG


(Anmerkung der Redaktion: Hier gibt Fontane nun einen groben Überblick über das Geschriebene in diesem Buch, ich lasse es wieder außen vor)
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Sonntag 6. Oktober 2019, 21:01

10. DER ÜBERFALL VON ABLIS

Von sechs an war Plauderstunde. Dann kamen, wie schon in einem früheren Kapitel erzählt, die Avantageure, Sergeanten und Unteroffiziere (meist Kavalleristen), um ein Glas Tee in der Hand und die Füße am Kamin, die Tagesereignisse zu besprechen: wer krank sei, wer gestorben sei… Es waren nicht gerade welterschütternde Fragen, die uns beschäftigten und die an zweiten und dritten Abenden mit derselben Hingabe behandelt wurden wie am ersten. Die Hauptunterhaltung blieben aber doch die Kriegsabenteuer, namentlich die Momente der Gefangennahme...


(Hier berichtet Fontane nun aus der Fülle von Stoff, der damals von seinen Mitgefangenen erzählt wurde, bis einschließlich Kapitel zwölf. Da ich nicht die Möglichkeit, Schlachten etc. nachzustellen habe, lasse ich diese Kriegserzählungen außen vor.)
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Sonntag 6. Oktober 2019, 21:19

13. BEGRÄBNIS

Arbeit und Lektüre kürzten die Zeit, aber für jeden, der weder das eine noch das andere hatte, waren es langweilige Tage, nichts geschah, und Sergeant Genzel (ein Mitgefangener), wenn er seinen Heine so gute kannte, wie seinen Schiller, durfte zitieren:

„Nur wenn sie einen begraben,
Bekommen wir was zu sehn.“

Leider kam dies ‚Begraben‘ bald öfter vor, als auch den Zerstreuungssüchtigsten unter uns wünschenswert sein mochte. Erst starb ein Alter, ein bayerscher Fuhrmann. Offiziell hieß es, er habe einen ‚organischen Fehler‘ gehabt. So heißt es immer. Der zweite war ein Kürassier (auch Bayer), den man von Orleans krank hergebracht hatte. Am 22. November begruben wir ihn. Um neun Uhr wurde es lebhaft. Chorknaben, vier oder sechs… erschienen auf dem Kasernenhofe.


Krieg 312.JPG


Dann kamen drei Geistliche, schwarz und weiß, mit Mitren auf dem Haupt. Die Bayern standen schon da und formierten sich zu einer Kolonne. Acht von ihnen, in blankem Helm, trugen den Sarg herbei der bisher in einem Schuppen gestanden hatte, und setzen ihn auf die Bahre. Es war eine einfache Holzkiste mit einem zugeschrägten Deckel. Das schwarze Tuch mit dem silbernen Kreuz wurde darüber geschlagen.

Krieg 313.JPG


Dann setzte sich der Zug in Bewegung, zunächst auf die Stadt und Kirche zu, die Chorknaben mit Kruzifix und... Laternen allen übrigen voraus. So ging es durch das Portal über die Zugbrücke. Als wir an der Kantine vorbeikamen, schwenkten einige Leidtragende ab; ihre Empfindung nahm plötzlich eine andere Richtung. Die Mehrzahl folgte. So erreichten wir die Kirche…

Krieg 314.JPG


Die acht Bayern hatten inzwischen die Bahre mit dem Sarg in das Mittelschiff gestellt, unmittelbar in die Nähe des Chores… Die geistlichen Herren nahmen innerhalb des Chores Platz; dann begannen die Litaneien. Es klang misererehaft. Ich konnte den Worten nicht folgen und betrachtete deshalb die Kirche. Sie war in gutem Stil aus gutem Materiale gebaut, dabei mit Bildern reich geschmückt… Nun waren die Litaneien vorüber. Die Geistlichen erschienen neben den Sarg und lasen die Gebete, ein Chorknabe schwenkte den Weihkessel; dann tat der fungierende Priester dasselbe. Damit war der kirchliche Akt beschlossen.

Krieg 315.JPG
Kirche Mariä Himmelfahrt, Chateau d'Oléron

Krieg 316.JPG


Der Zug setzte sich aufs neue in Bewegung, der Begräbnisstätte zu. Es war noch eine hübsche Strecke… Endlich sahen wir die weiße Mauer, das Tor stand auf und der Zug bog ein. Die Stätte machte einen guten Eindruck; Kreuze und Denkmäler, alles in Marmor, man ehrte die Toten hier. Dazu sprach aus allem eine gewisse Wohlhabenheit Zypressenbäume und wilder Lorbeer fassten die Gänge und Steige ein…

Krieg 317.JPG


Nun hielten wir am Grabe; die tonige, graublaue Schlickerde lag uns zur Seite. Der Nordwest ging immer schärfer… Der Sarg wurde zur Grube getragen und dann gesenkt... Noch ein kurzes Gebet, dann griffen die Mutigsten in den nassen Schlick und warfen einen Erdkloß hinunter. Damit war es getan. In drei Minuten war alles verschwunden, der Friedhof leer. Ich gedachte derer, die, fern der Heimat des Toten, dieser Stunde nicht gedachten. Dann an den Hagrosen vorbei, von denen auch nicht eine auf sein Grab gelegt werden wird, trat auch ich den Rückweg an.

So stirbt man in der Fremde.
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Dienstag 8. Oktober 2019, 11:03

14. STURM IM GLASE WASSER

Das Sterben wurde bald Tagesordnung auf Oléron. Es konnte kaum anders sein. Etwa Mitte November trafen siebenhundert Bayern auf der Zitadelle ein, die man nach Einnahme Orleans‘ durch General Aurelle de Paladines in den dortigen Lazaretten zusammengesucht und als Gefangene nach Oléron geschickt hatte… Ein ernster Vorwurf für die französischen Machthaber war… , dass man nicht nur Rekonvaleszenten und leicht Verwundete, sondern auch Personen fortschleppte, die dicht vor dem Typhus standen oder ihn kaum erst überwunden hatten… Die auf Oléron eintreffenden siebenhundert hatten in den ersten Nächten kaum Stroh. Das war natürlich kein Zustand… Rückfälle kamen vor, und der Geistliche, die Chorknaben und der Totengräber mussten Tag um Tag in dem Aufzuge, den ich geschildert habe, auf den Bergräbnisplatz hinaus.

Eine Verstimmung über diese Zustände war unausweichlich; besonders die Preußen… waren empört und gaben nach ihrer heimatlichen Art dieser Empörung unverhohlenen Ausdruck. Beim Kantinengang, auch wohl beim Einkäufe machen, fielen Worte, dass dies eine erbärmlicher Wirtschaft sei... Worte, die alsbald von Mund zu Mund gingen.

Krieg 318.JPG


Im Weiterrollen nahmen sie folgende groteske Gestalt an: die Gefangenen der Zitadelle sind im Komplott. Sie haben vor die Wachmannschaften zu entwaffnen…, Chateau zu überfallen und von der ganzen Insel Besitz zu ergreifen. Preußische Kriegsschiffe kreuzten bereits in der Nähe. Man wird… Rochefort einschließen und von dort aus das Land insurgieren (aufhetzen). Ein Napoleonischer Aufstand im Rücken der republikanischen Armee – das ist der Plan. Wir erfuhren dies wieder und lachten herzlich…

krieg 319.JPG


Was aber, namentlich dem engeren Kreise, der sich bei mir zu versammeln pflegte, das allerpeinlichste war, war das, dass unser guter Kommandant mit in die Angelegenheit hineingezogen und um seiner Nachsicht und Güte willen (die übrigens nie in Schwäche ausartete) bezichtigt wurde, das eigentliche Haupt des Komplotts zu sein.

Wir beschlossen also, nicht nur äußerste Vorsicht zu üben, sondern namentlich auch die Anstandsbesuche, die wir von Zeit zu Zeit in der Kommandantur gemacht hatten, einzustellen. Ich wurde dazu noch durch einen besonderen Vorfall bestimmt, der, so klein und geringfügig war, doch am besten zeigte, wie kritisch bereits die Lage geworden war.


Krieg 320.JPG


Ich hatte bei einem Nachmittagsbesuche eben neben dem Kommandanten Platz genommen und ließ mir das Straßburger Bier schmecken, das in einem Steinkruge wie immer auf einen zwischen uns stehendes Tischchen gestellt worden war, als der eintretende Diener den Kapitän N. N. meldete. Den Namen überhörte ich. Es war, wie ich mich bald überzeugen sollte, ein Seekapitän, der zugleich das Kommando über die Nationalgarden der Insel übernommen hatte.

Krieg 321.JPG
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Dienstag 8. Oktober 2019, 12:30

Mein guter Kommandant nickte, zum Zeichen, dass er bereit sei, den Angemeldeten zu empfangen, sprang aber in demselben Augenblick, in dem der Diener das Zimmer verlassen hatte, vom Fauteuil auf, um mit geschwindester Geschwindigkeit einen großen Wandschrank zu öffnen und die Steinflasche sowie die beiden noch halbvollen Biergläser dahinter verschwinden zu lassen.

Krieg 322.JPG


Der Verschwindeakt war kaum ausgeführt, als der Seekapitän eintrat und das Dienstgespräch seinen Anfang nahm. Ich empfahl mich; mein halbes Glas Bier hatte ich eingebüßt. Dies war zu verschmerzen; dieser ganze Vorgang bekümmerte mich aber um des Kommandanten willen…, der notwendig eine Verlegenheit über diese Komödie empfinden musste, zu der er sich verurteilt sah.

Krieg 323.JPG


Er empfand es auch wirklich, so vermute ich. Vor allem aber sah er ein, dass etwas geschehen müsste, um ihn in seiner unhaltbar gewordenen Stellung zu festigen… Er bat um einen Auxilliarkommandanten, dem die Gefangenenangelegenheiten ausschließlich unterstellt werden möchten. Ein vorzüglicher Schachzug. Seinem Wunsche wurde nachgegeben, und auf einen Schlag war er den Verdacht und – die Arbeit los...

Krieg 324.JPG


Wir erhielten infolge dieser Vorgänge und Gesuche denn auch wirklich einen Vizekommandant, eine schönen Blaubart, den Baron de la Flotte… Er war ein feiner Herr, von vornehmer Haltung, sehr artig und – sehr bestimmt. Unser Sturm im Glase Wasser beruhigte sich, und – die Gerüchte in der Stadt nahmen ein Ende...

Krieg 325.JPG


Viele Übelstände wurden abgestellt...; man tat, was man konnte, man anerkannte gewisse Verpflichtungen und beeiferte sich, ehrlich und nachdrücklich, diesen Verpflichtungen nachzukommen, das half.
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 3

Beitrag von Fredeswind » Dienstag 8. Oktober 2019, 23:04

15. „SENTINELLE, PRENEZ GARDE À VOUS!“

Um Mitternacht (Gott sei Dank!) schlief ich fest, wenn nicht das Zusammenbrechen der verkohlten Scheite mich auf einen Augenblick weckte. Nur einmal wachte ich die Mitternacht heran. Es war bei Vollmond. Als die zwölf Schläge über den Kasernenhof hin verklungen waren, hüllte ich mich in Schal und Kapuze und tappte an der Wand des Korridors entlang bis an die schmale Hintertür, die auf den Wallgang hinausführte.


Krieg 326.JPG


Entzückendes Bild! Nach rechts hin stand der Mond und goss sein volles Licht in breiten Streifen über die Wasserfläche. Kein Lüftchen ging; das Meer war ein Spiegel; alles still. Ich hörte nichts als in einiger Entfernung den Schritt der Wachen und am Fuße der Bastion ein leises Brauen und Murmeln, denn die Flut kam. Ein weißer Schimmer lag wie Schnee auf den grauen Fliesen des Rempart, und ich begann jetzt, immer dicht an der Brüstung hin einen Mitternachtsspaziergang anzutreten...

Krieg 327.JPG


Ich zog meine Kapuze fester an und setzte mich innerhalb eines Brüstungsvorsprungs auf eine Steinbank, die diesen Vorsprung beinah ausfüllte. Ich sah in die Mondstreifen hinein, der in schräger Linie über das Meer und dann glitzernd, über die... Fliesen lief...

Krieg 328.JPG


Dann schlug es halb, und noch eh der Schlag verklungen war, mit einer Plötzlichkeit, wie ein Schuss fällt, begann jetzt vom Portal her das Anrufen der ausgestellten Wachen: „Sentinelle, prenez garde à vous!“ (Wachen habt Acht!). Der nächste Posten nahm den Anruf auf, und im fünffachen Echo lief es jetzt um die Zitadelle herum, von Posten zu Posten, bis der mir zunächst stehende, mit dem die Kette schloss, dieselben Worte über den Rempart rief. Es war, als gelten sie mir selber.

Ich stand jetzt auf, um meinen Rückzug anzutreten. Mich fröstelte. Als ich durch den Mondstreifen hindurch schritt, der jetzt zwischen mir und der schmalen Hoftür lag, war mir‘s als streifte mich etwas. Ich zuckte zusammen und eilte vorwärts. Der Wachen Ruf war längst verklungen, aber immer noch klang es mir nach: „Sentinelle, prenez garde à vous!“

Krieg 329.JPG


ENDE TEIL 3
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
playmovictorian
Mega-Klicky
Beiträge: 4578
Registriert: Montag 27. Juli 2009, 21:16

Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von playmovictorian » Dienstag 8. Oktober 2019, 23:38

Wunderbares Geschichtenerzählen :klatsch2

Ich bewundere immer die Sorgfalt, die Sie nehmen, um die Einrichtung mit dem perfekten Bild jedes Mal einzustellen :zehn

Die Forschungsarbeit über Ihre Geschichte hinaus ist erstaunlich, da jedes Bild die Erzählung mit einem poetischen und historischen Touch perfektioniert :respekt

Die letzten Bilder sehen genau so aus, als wären sie vom Mondlicht aufgehellt :great

Zeitlos und bezaubernd :blume
La, tout n'est qu'ordre et beaute, luxe, calme et volupte. L'Invitation au Voyage. Charles Baudelaire.1857.
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Re: Fredeswinds Märchenschatztruhe

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 9. Oktober 2019, 00:10

playmovictorian hat geschrieben:
Dienstag 8. Oktober 2019, 23:38
Wunderbares Geschichtenerzählen :klatsch2

Ich bewundere immer die Sorgfalt, die Sie nehmen, um die Einrichtung mit dem perfekten Bild jedes Mal einzustellen :zehn

Die Forschungsarbeit über Ihre Geschichte hinaus ist erstaunlich, da jedes Bild die Erzählung mit einem poetischen und historischen Touch perfektioniert :respekt

Die letzten Bilder sehen genau so aus, als wären sie vom Mondlicht aufgehellt :great

Zeitlos und bezaubernd :blume
:dank :dank1 Merci beaucoup :dank2 :oops :oops

Merci à Fontane!
Er konnte gut erzählen.

Die letzten Bilder waren mit am schwierigsten zu fotografieren. Ich habe ernsthaft überlegt diese Szene wegzulassen, aber ich liebe sie und habe lange überlegt, wie ich sie vielleicht doch noch inszenieren könnte. Ich bin froh, dass es nach langen Ausprobieren schließlich doch noch etwas geworden ist und die Stimmung gut herüberzukommen scheint.

Chers salutations!

Votre fée de conte de fées :fee
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 4

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 9. Oktober 2019, 08:51

Kriegsgefangen, Erlebtes 1870

(frei nach Theodor Fontane, gekürzte Fassung)


Frei

1.UNVERHOFFT KOMMT OFT

„Es ist gar nicht zu sagen, wie schnell ein Ereignis da ist, wenn man es nicht erwartete hat! Hat man es erwartet, so dauert es viel länger, und manchmal kommt es gar nicht.“ Mit diesen Worten etwa beginnt eine liebenswürdige Roquettesche Novelle. Die Wahrheit, die sich darin ausspricht, sollte sich auch an mir erfüllen. „Unverhofft kommt oft.“

Es war Sonnabend, den 26. November. Die erste Hälfte des Tages mit Spaziergang und Arbeit lag hinter mir, das Mittagsbeefsteak war verzehrt, in seinem zähen Widerstand gebrochen, und die Kaffeestunde umblühte mich bereits. Duft und Wärme erfüllten das Zimmer, Rasumofsky war bei mir… Wir standen am, Kamin, er rechts, ich links, während zwischen uns das Feuer glühte…


Krieg 330.JPG


Rasumofsky hatte einen sentimentalen Tag und sagte: „Jott, Herr Leutnant, wann werden wir wieder den ersten preuß’schen Kaffee trinken? Mit Weihnachten wird es nichts.“ „Nein, Rasumofsky, auf Ostern müssen wir uns gefasst machen. Vielleicht sehn wir hier noch den Flieder blühn… Und am Ende“, so fuhr ich fort, „Ostern oder nicht, ich kann es so schlimm hier nicht finden.

Krieg 331.JPG


Rasumofsky, ich sage Ihnen alle Dinge haben zwei Seiten.“ Er nickte… „Sehen Sie, es ist jetzt halb zwei, vor einer Viertelstunde erst hab ich mein Beefsteak gegessen, und schon halt ich hier ein Glas guten Javakaffee in Händen. Glauben Sie, Rasumofsky, dass man das haben kann, wenn man frei ist? Gott bewahre. So was hat man nur in der Gefangenschaft.“

Krieg 332.JPG


Er grinste. „Sie sind ein vernünftiger Mensch, Rasumofsky, und kennen die Welt. Es wird wohl in Posen auch so sein wie anderswo. Der Hausherr, sehen Sie, das ist eine ganz sonderbare Stellung. Es wird im zwei- bis dreimal des Tages vorerzählt, er sei ein Tyrann... Aber ich sage ihnen, Rasumofsky, die Berliner Tyrannen, die um halb zwei eine Tasse Kaffee kriegen können, die sind zu zählen… Sehen Sie, man könnte beinahe sagen: nur ein Gefangener sei frei.“

Krieg 333.JPG


Hier hielt er sich nicht länger und brach in die Worte aus: „Ach, Herr Leutnant, das ist ja, als ob ich meinen Rittmeister reden hörte. Grade so war es in Posen. Es ist zu merkwürdig.“ Seine Betrachtungen über dies wunderbare Zusammentreffen wurden durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.

Krieg 334.JPG
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Benutzeravatar
Fredeswind
die Märchenfee
Beiträge: 5443
Registriert: Donnerstag 7. Mai 2009, 10:10
Gender:

Intermezzo: Mit Fontane durch Frankreich, Teil 4

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 9. Oktober 2019, 10:20

„Entrez!“ Ein preußischer Infanterist mit… einem Klapphut auf dem Kopf, die ganze Erscheinung der typische Rheinländer (ein Kölner, der brillant Französisch sprach), trat ein, um mich wissen zu lassen, Monsieur le Commandant (der Auxilliar-Kommandant) wünsche mich zu sprechen. „Zu Befehl.“ Ich folgte unverzüglich.

Krieg 335.JPG


Der Vizekommandant, über den ich in einem früheren Kapitel bereits berichtet, hatte während der letzten Tage unmittelbar unter mir… ein Büro etabliert... In der Mitte des Zimmers stand Baron de la Flotte. Ich verneigte mich vor ‚König Blaubart‘. Mit schätzenswerter Raschheit sprang er gleich in medias res und erklärte mir: „Monsieur le Ministre de la Guerre a ordonné votre libération; - Monsieur Fontane, vous êtes libre.“ (Der Herr Kriegsminister hat Ihre Freilassung angeordnet, Herr Fontane, Sie sind frei!)

Krieg 336.JPG


Ich verneigte mich. „Im übrigen“, fuhr er fort, „muss ich Sie bitten ein Papier zu unterzeichnen, in dem Sie sich verpflichten, einerseits nach dem Maße Ihrer Kraft, auf die Befreiung eines französischen Offiziers hinzuwirken, andererseits gegen Frankreich weder irgendetwas zu sagen noch schreiben, noch tun zu wollen.“

Krieg 337.JPG


Ich stutze einen Augenblick, wiederholte überlegend die Worte: „Ni dire, ni écrire, ni faire quelque chose contre la France“ (nichts reden, nichts schreiben, nichts gegen Frankreich machen), und fragte dann, ob bei dieser Erklärung aller Akzent auf das Wort ‚contre‘ gelegt würde. Ich nähme dies, vorläufig an; hätt ich darin recht, so würd es mir leicht, die geforderte Verpflichtung einzugehen, da in meinem Herze nichts lebe, was als Empfindung ‚contre la France‘ gedeutet werden könne.

Krieg 338.JPG
"Ein guter Mensch ist, wer sein Kinderherz nie verliert."
(Chinesische Weisheit)




15 JAHRE Fredeswinds Märchenschatztruhe 15 JAHRE
Antworten