Die Handelgilde Teil III Eine neue Heimat

[Vauban]

„Wir werden unser Ziel im Norden über einen Umweg angehen müssen. Der Verwalter des Kontors steht auf unserer Seite, auch wenn er von Achtors Machenschaften zunächst sehr profitiert hat. Aber dann regte sich sein Gewissen, und er arbeitet nun gegen den Fürsten.“ „Ein profitabler Kontor in diesem Nest?“ „Lass dich nicht von den Fischern täuschen. Du vergisst, dass Achtors seinen Aufstieg diesen Menschen verdankt. Sie halfen ihm, die Waren übers Wasser zu transportieren.“ Harim schoss das Blut ins Gesicht. Er füllte sich beschämt, da er vor seiner Frage nicht richtig nachgedacht hatte.

[Vauban]

Im Dorf wurden sie freudig begrüßt. Die Fischer näherten sich ohne Scheu den schwerbewaffneten Händlern. Die Kinder lachten und einige der Dorfbewohner streckten dem Handelsmeister ihre Hände zum Gruß entgegen. Hadrax erwiderte die Grüße freundlich, hielt aber weiter ohne Aufenthalt auf den Fluss zu.

[Vauban]

Harim konnte ihr Ziel schon von weitem erkennen. Wie an all ihren Wirkungsstätten wehte das Kreuz der Händler auf den Türmen und Dächern des Handelskontors. Harim staunte. Neben der Brücke war dies einer der ungewöhnlichsten Kontoren, die der junge Händler bislang gesehen hatte. Der überwiegende Teil der Gebäude und Begrenzungsmauern war aus Holz und nicht aus Stein errichtet worden. Die Dächer waren mit Stroh gedeckt und erstrahlten im hellen Gelb.

[Vauban]

Sie passierten das große hölzerne Tor. Die Torflügel bestanden aus einzelnen dünnen Stämmen, die man mit Querriegeln verbunden hatte. „Hier werden wir die Nacht verbringen“, erklärte der Handelsmeister, „ruht euch noch einmal richtig aus. In den nächsten Tagen wirst du für jede Minute Schlaf glücklich sein.“

[Vauban]

Der Innenhof wurde von einem großen Gebäude abgeschlossen. „Das ist das Haupthaus. Dort werden wir essen und schlafen.“ Harim sog die Worte seines Meisters wie ein Schwamm auf.

[Vauban]

Hadrax und seine Begleiter stiegen von ihren Pferden. Der Handelsmeister führte Harim ein wenig herum. „Auch wenn wir hier nicht lange verweilen, du wirst erkennen, dass hier überall die gleichen Gedanken wie in den anderen Kontoren zur Anwendung kammen. Es ermöglicht uns überall mit gleicher Effizienz zu arbeiten.“

[Vauban]

Der alte Handelsmeister zeigte Harim die großen Lagerhallen. Eine von ihnen wählte Hadrax als ihr Ziel aus und sie gingen hinein.

[Vauban]

Überall waren Einheimische am arbeiten. Harim erkannte sie an ihren langen Bärten. Auch das Haupthaar trugen sie oftmals schulterlang. Manche von ihnen hatten es zu kunstvollen Zöpfen geflochten.

[Vauban]

Die Räume und Regale waren bis zum Rand gefüllt. Allein das Getreide, das hier eingelagert war, hätte ausgereicht Harims Dorf mehr als ein halbes Jahr lang zu ernähren.

[Vauban]

Schließlich fand Hadrax aber doch noch eine leeres Lager und wies die Männer an, ihre Kisten dorthin zu schaffen. Scheinbar mühelos hoben sie die schweren Kisten und Truhen von den Wagen.

[Vauban]

Während Hadrax noch das Abladen verfolgte, schaute Harim sich etwas genauer um. Dabei fiel ihm etwas auf, und als die letzte Truhe verstaut war, wandte er sich an Hadrax, „Meister, diese Halle ist sehr alt. Weitaus älter als die Gilde ...“ Hadrax nickte, „sogar älter als die Königreiche.“ „Älter als ...“ „Als die Gilde auf dieses Dorf mit seinen arbeitsamen und verständigen Menschen traf, fanden wir auch die Überreste einer alten Verteidigungsanlage. Wir bauten sie mit Hilfe unseres Goldes und dem Arbeitseifer der Fischer wieder auf. Sie erzählten uns dabei von ihren Legenden.“

[Vauban]

„Einst herrschte hier ein großer Fürst - lange bevor es die Königreiche, so wie wir sie kennen, gab. Sein Volk, das Reitervolk, herrschte über die Ebenen entlang des Gebirges von Weltend.“ „Welche Ebenen? Am Weltendgebirge erstreckt sich das Drachental und der Uralte Wald. Und weiter im Süden liegt das Tote Land und das Reich des Morgens beginnt.“ Hadrax zuckte mit den Schultern. „Das mag wohl sein, aber wir fanden die Überreste dieses Bollwerkes. Aber wie ich schon sagte, sein Ursprung liegt viele Generationen im Dunkel der Vergangenheit. Wer weiß, vielleicht hatten erst die Nachkommen des unbekannten Reiterherrn die Schößlinge des Uralten Waldes gepflanzt?“

[Vauban]

Hadrax wurde aus seinen Gedanken gerissen. Ein Handelsgehilfe erschien und bestellte Hadrax, dass der Handelsmeister Pontex im Kontor eingetroffen sei. „Sag‘ ihm, dass ich ihn sofort in seinem Arbeitszimmer zu sprechen wünsche.“ Der Gehilfe verbeugte sich und beeilte sich, Hadrax Befehl auszuführen.“ Der alte Handelsmeisterdrehte sich zu Harim, „wenn du mich nun bitte entschuldigen würdest, aber ich muss mit dem hiesigen Handelsmeister zunächst alleine reden.“

[Vauban]

Während Hadrax zu Pontex ging, suchte Harim seine Frau und begleitete sie zum Essen. Die Dämmerung brach heran, und so gingen die beiden zu ihrem Gemach, das man ihnen für die Nacht zur Verfügung gestellt hatte. Wieder einmal plagte Harim die Unruhe. Ein paar Atemzüge an der frischen Luft sollten ihn auf andere Gedanken bringen. Er trat auf denn kleinen Balkon, der vor ihrem Zimmer gelegen war.

[Vauban]

Wolken bedeckten den Abendhimmel. „Es wird wohl bald Regen geben“, dachte Harim. Dann hörte er leise Stimmen im Hof. Er schaute nach unten und sah Hadrax zusammen mit einem unbekannten Mann. Der Kleidung nach musste es ebenfalls ein Handelsmeister sein. „Vielleicht Pontex“, murmelte Harim zu sich. Die beiden Männer waren in einer angeregten Diskussion. Ungewollt lauschte Harim. Aber er war zu weit weg, um etwas zu verstehen. Pontex schien sichtlich aufgeregt zu sein. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Doch zum Schluss beugte er sich Hadrax Willen und nickte nur noch. Dann gingen die beiden Männer ins Haupthaus. Harim stöhnte. Statt etwas Klarheit hatte ihm dieser kurze Ausflug erneut Nahrung für seine Gedanken gebracht. Er ahnte es schon, in dieser Nacht würde er wieder sehr unruhig schlafen.