Die Handelsgilde: Teil IV - Neue Feinde

[Vauban]

Auch der Mann auf dem Felsvorsprung blieb nicht untätig. Er packte seinen Speer fest mit der Hand, dann drückte er sich so gut er nur konnte vom Gestein ab und sprang dem Ungetüm auf den Rücken. Wie durch ein Wunder konnte er sich am schuppigen Hals festhalten. Chezara stellte ihren Beschuss ein, sie fürchtete den Mann zu treffen, der wie ein Reiter auf einem bockenden Pferd versuchte, nicht abgeworfen zu werden.

[Vauban]

Stückchen für Stückchen kroch der Mann weiter zum Kopf empor. Das Untier schüttelte sich und wollte den ungebetenen Gast abschütteln, aber es blieb ohne Erfolg. Der Unbekannte erreichte sein Ziel und bohrte seinen Speer am Halsansatz in den Nacken des Wesens. Blut schoss wie eine Fontäne aus der Wunde. Die Bewegungen der Bestie wurden schwächer, aber noch im Todeskampf versuchte sie ihren Gegner mit in den Untergang zu reißen. Ein letztes Mal bäumte sie sich auf, warf den Kopf ruckartig nach hinten und krachte dann zu Boden. Der siegreiche Mann sprang leichtfüßig von ihrem Rücken und betrachtete zufrieden seinen toten Gegner.

[Vauban]

Chezara und ihr Vater wagten sich nun ebenfalls näher. „Hallo“, begann Chezara, „es tut uns leid um deinen Kameraden. Wir ...“ Sie hatte einer der Fackeln von ihrem Vater übernommen und leuchtete dem Unbekannten entgegen. Dieser riss verschreckt die Arme nach oben, „so hell, geh‘ weg!“ und drehte Chezara den Rücken zu.

[Vauban]

Erschrocken tat Chezara, was er von ihr verlangte. Sie löschte ihre Fackel, während Verabas einige Schritte zurücktrat. „Ist es so besser?“ fragte die junge Frau. „Ja“, der Mann drehte sich um. Im Halbdunkel konnte Chezara das Gesicht unter der Kapuze nicht erkennen, aber mit ein wenig Erstaunen erkannte sie, dass ihr Gegenüber ebenfalls eine Frau war.

[Vauban]

„Ihr riecht seltsam und tragt Licht in euren Händen“, sprach die Unbekannte ihre Gedanken aus. Panisch vor Angst griff sie in ihren Gürtel, „Ihr seid Oberweltler!“ und zog einen Dolch hervor. „Ihr werdet mich nicht fressen, den Höhlenwurm habe ich erlegt, und mit euch werde ich auch noch fertig.“ Chezara hob abwehrend die Hände, „ruhig, ganz ruhig! Wir wollen dir nichts zu leide tun. Und so ganz unbeteiligt waren wir an deinem Jagdglück ja auch nicht.“ „Ihr habt dem Wurm seine Beute nicht gegönnt, sonst könntet ihr mich nicht fressen!“ widersprach Chezaras Gegenüber.

[Vauban]

„Wir wollten euch helfen!“ „Oberweltler helfen uns nicht, wir sind nur Beute für sie. Viele meiner Freundinnen mussten schon den Letzten Gang nach oben antreten. Ihr macht mir nichts vor.“ Die Unbekannte hob drohend ihren Dolch, schaute abwechselnd von Chezara zu Verabas. „Nun hab ich aber genug“, schrie Verabas. Das Echo seiner Stimme hallte von den Wänden zurück, er war langsam bis zu seinem Pferd zurückgewichen und hatte weitere Fackeln an sich genommen. Diese entzündete er nun und warf sie der Frau entgegen.

[Vauban]

Verabas beabsichtigte nicht, die unbekannte Frau zu treffen. Aber wie er erhofft hatte, wich die Frau vor den auflodernden Feuern geblendet zurück. Chezara stürtzte sich mit dem Mut der Verzweiflung auf sie und entwand ihr den Dolch.

[Vauban]

„Und jetzt noch einmal von vorne.“ Chezara ließ die Unbekannte nicht aus den Augen, „wir wollen dir nichts tun.“ Verabas sah, dass die junge Frau am ganzen Leib zitterte, er löschte alle Fackeln wieder bis auf eine einzige und ging wieder auf Abstand. Chezara reichte ihrem Vater den Dolch, dann näherte sie sich wieder mit leeren Händen. „Ich weiß nicht, wie du auf den Unsinn kommst, aber wir wollen dich bestimmt nicht fressen. Wir möchten nur mit dir reden.“

[Vauban]

Die Unbekannte hatte mit ihrem Leben abgeschlossen, sie sackte in sich zusammen wie ein schlecht gefüllter Kornsack, „macht mit mir, was ihr wollt. Für mich hat das Leben eh‘ keinen Sinn mehr.“ Sie schluchzte, dann wurde sie von einem heftigen Weinkrampf gepackt. „Der andere, es war dein Gefährte?“ Chezara nahm sie tröstend in den Arm, während die Frau stumm nickte und sich ihrer Trauer hingab. So saßen sie eine Weile.

[Vauban]

Ein letztes Mal schniefte die junge Frau, dann sagte sie leise, „ich werde Terna Ogulsul vom Schwarzen Wasser gerufen.“ „Ich bin Chezara, und dieser Mann dort hinten ist mein Vater Verabas. Wir stammen aus dem Land des Morgens. Neugierde hat uns in diese Gewölbe getrieben.“ Zum ersten Mal wandte die junge Frau Chezara und ihrem Vater ihr Gesicht zu. Chezara zuckte ohne es zu wollen zurück. Terna hatte eine kalkweiße Haut, riesige Augen und einen lippenlosen Mund. „Was, beim Unbeschreiblichen, bist du?“ stammelte Chezara.

[Vauban]

„Ich sagte es doch bereits.“ Dann verstand sie, „ihr habt noch nie einen Dunkelweltler gesehen?“ „Nein“, kam es Verabas und Chezara wie aus einem Mund. Terna legte mit einem Mal den Finger auf den Mund, „seid ruhig. Ich höre etwas.“ Sie lauschte angestrengt, während Chezara und ihr Vater sich nur achselzuckend ansahen. Die junge Dunkelweltlerin legte sich auf den Boden und presste ihr Ohr auf das Gestein.

[Vauban]

„Gepanzerte. Vier oder fünf, die sich uns rasch nähern. Wir müssen schnell weg.“ Behände erhob sie sich vom Boden. „Löscht das Licht und kommt mit mir!“

Fortsetzung folgt ...

[pbfox]

Hallo Vauban,

wieder mal total FESSELND und unglaublich SPANNEND

BITTE WEITERMACHEN!

LG

pbfox

[Artona]

Hurra, es geht weiter, wie immer spitzenmäßig in Szene gesetzt.
Die Idee mit den Dunkelweltlern ist genial. Und ich zweifle immer mehr, ob Hadrax jetzt gut oder böse ist. Oder was dazwischen...
Artona

[Vauban]

@pbfox: aber natürlich geht es weiter, schließlich will ich auch irgendwann die Sterne erreichen.

@Artona: Vielen Dank! Ob deine Zweifel berechtigt sind, werden wir schon bald sehen ...

Kapitel III.

Verabas war unschlüssig, doch Chezara hatte Vertrauen zu Terna gefunden. Außerdem hoffte sie, von der Dunkelwelterin Informationen über die Festung zu erhalten. Chezara nahm die Fackel ihres Vaters und löschte sie. Statt der erwarteten Finsternis breitete sich im Gewölbe ein fahles Licht aus. Es schien, als ob die Wände von innen her leuchteten. „Los kommt“, Terna drängte zum Aufbruch, „wenn die Gepanzerten euch in die Finger bekommen, werdet ihr die Oberwelt nie wieder sehen.“ Verabas und seine Tochter griffen nach den Zügel der Tiere und folgten der Frau durch das Halbdunkel.