Die Handelsgilde: Teil IV - Neue Feinde

[Vauban]

Terna blieb keine Zeit, um über Debranas Worte nachzudenken. Die Priester rückten immer näher. Mit einem Mal entspannte sich Terna. Alle Priester waren noch im Raum. Niemand hatte weitere benachrichtigt. Keiner der Männer trug eine Waffe. „Wenn dieses verlorene Miststück sich sofort um den Meister kümmert und nicht noch mehr Priester alarmiert“, dachte Terna, „so stehen meine Chancen gar nicht mal so schlecht. Diese Weichlinge haben mit Sicherheit noch niemals einem Höhlenwurm in die Augen geschaut.“ Terna warf die nutzlose Robe ab. Sie wäre ihr im Kampf nur hinderlich gewesen. Mit dem Messer in der Hand erwartete sie ihre Gegner.

[Vauban]

Als der erste der Männer die Waffe sah, wich er vor Terna zurück. Doch die hinteren stießen ihn sofort wieder nach vorne, und er fiel in die Klinge. Röchelnd und Blut spuckend sank er zu Boden. Terna gelang es gerade noch rechtzeitig das Messer wieder zurückzuziehen, als sie von zwei weiteren Priestern bedrängt wurde. Elegant tauchte sie unter den ungelenk wirkenden Bewegungen ihrer Gegner hindurch und schlug dabei einen weiteren zu Boden.

[Vauban]

Terna war sich sicher, dass sie aus dieser Auseinandersetzung als Siegerin hervorgehen würde. Doch allmählich sorgte sie der Lärm der Auseinandersetzung. Es würde nicht mehr lange dauern, und weitere ungebetene Gäste würden angelockt werden. Die Freigeborene ergriff einen Glimmerstab und hieb wie eine Besessene mit beiden Händen auf die Männer ein.

[Vauban]

Keiner ihrer Gegner entging ihrem aufgestauten Zorn. Bald lagen sie reglos um die siegreiche Terna, die sich nicht lang ihrer Siegesfreude hingeben konnte. Zum Fesseln der Besiegten blieb keine Zeit, und die Verkleidung hatte ihr zweimal kein Glück gebracht. So nahm sie nur einem der Priester seinen schwarzen Umhang ab. Ihr eigener war zerrissen. Sie zog die Kapuze über den Kopf und schaute sich um. Die Kammer besaß nur zwei Türen. Durch die eine hatten Debrana und sie den Raum betreten, also wählte Terna für ihr Weiterkommen die zweite.

[Vauban]

Kaum war sie in den nächsten Gang geschlüpft, hörte sie bereits neue Schritte, also lief sie in die andere Richtung. Terna wusste weder, wo sie war, noch wie sie aus der untersten Ebene fliehen konnte. Erneut hielt sie an, um zu lauschen. Sie hörte die schweren Schritte eines Gepanzerten und zweier weiteren Personen vor sich. Sie näherten sich rasch Ternas Standort. Sie saß in der Falle. Es gab weder eine Tür, durch die sie hätte verschwinden, noch eine Nische, in der sie sich hätte verstecken können. Nur mit einem kleinen Brotmesser bewaffnet gegen einen Gepanzerten anzutreten, bedeutete ihren sicheren Tod. Schließlich entdeckte sie in ihrer Verzweiflung einen Tisch. Terna kroch unter die Tischplatte und hoffte so einem flüchtigen Blick zu entgehen.

[Vauban]

Als erstes näherte sich der Gepanzerte mit den beiden anderen Personen ihrem Versteck. Terna hielt den Atem an. Gerade als der Gepanzerte an ihrem Versteck vorbeiging, wurde er angerufen. „Halt im Namen der Oberen!“ Terna erkannte sofort die Stimme des alten Zeremonienmeisters. „Was tust du da?“ Der Gepanzerte verbeugte sich vor dem alten Priester, der inzwischen von den Fesseln befreit wieder eine Robe trug. Debrana begleitete ihn. „Der Unterste befahl mir, diese beiden Gefangenen mit zehn meiner Männer zum Großen Portal zu bringen. Dort würden sie abgeholt werden.“

[Vauban]

Als der Zeremonienmeister dies hörte, keimte sofort ein Verdacht in ihm auf. Er trat näher an den Gepanzerten heran und überzeugte sich davon, dass ein Dunkelweltler und ein Mann sich in der Rüstung steckte.

[Vauban]

Erleichtert wollte er den Gepanzerten bereits weitergehen lassen, als ihm ein neuer Gedanke kam. „Und es war wirklich Sinlucem, er dir den Befehl gab.“ Etwas verwirrt bestätigte Jordel dies. „Ja, die Oberen hätten ihm ein Zeichen gesandt, dass sie mit uns gegen die Alte Stadt ziehen werden. Die anderen Heerführer bereiten die Truppen vor, während ich diese beiden Gefangenen überbringen soll.“ Als der Alte dies hörte, legte sich sein Misstrauen wieder. Von diesen Plänen und den Vereinbarungen mit den Oberen wussten nur er und der echte Sinlucem. „Das sind großartige Neuigkeiten. Nun geh! Ich will dich nicht länger von deiner wichtigen Aufgabe fernhalten.“

[Vauban]

Sofort setzte der Hauptmann sich wieder in Bewegung und zog Lilian und Ras hinter sich her. Der Zeremonienmeister wandte sich nun an seine Begleiterin, „geh zurück, Debrana. Ich muss den Untersten aufsuchen.“ „Aber das Mädchen...“ „Geh, sagte ich. Sie ist unwichtig. Früher oder später werde ich über sie richten.“

[Vauban]

Während der Zeremonienmeister seinen ursprünglichen Weg fortsetzte, drehte Debrana um und folgte dem Gepanzerten den Gang hinab. Die ganze Zeit über saß Terna mucksmäuschenstill unter dem Tisch und wagte kaum zu atmen. Sie überlegte, ob sie Debrana und dem Gepanzerten folgen oder hinter dem Zeremonienmeister wieder zurückgehen sollte. Der alte Mann erschien ihr das leichter zu überwindende Hindernis. Gerade als sie unter dem Tisch hervor kriechen wollte, hörte sie die Stimme des Zeremonienmeisters erneut, „ah, Sinlucem. Ich war gerade auf dem Weg zu dir. Wie ich hörte, trägt unser Plan nun endlich Früchte.“

[Vauban]

„Ja.“ Die Schritte näherten sich wieder Ternas Versteck, und die Freigeborene zog sofort wieder ihre Füße ein. Ausgerechnet vor ihrem Tisch blieben die beiden stehen. Während der Priester Sinlucem nach weiteren Einzelheiten über den bevorstehenden Angriff befragte, sah Terna auf die rechte Hand des Untersten. Deutlich erkannte sie Verabas sonnengebräunte Haut am Handrücken. Dort hatte sich die Paste abgewischt.

[Vauban]

Terna fasste einen schnellen Entschluss, zog den Zeremonienmeister an den Füßen...

[Vauban]

... und brachte ihm zu Fall.

[Vauban]

Bevor er noch um Hilfe schreien konnte, war sie bereits über ihm und betäubte ihn mit einem gut gezielten Fausthieb.

[Vauban]

Erschrocken wich Verabas zurück, als er aber die Freigeborene erkannte, strahlte er übers ganze Gesicht. „Terry, du lebst.“