Liebes Tagebuch!
Heute morgen kam der Gladiatorenmeister in Begleitung von
Bewaffneten vorbei. Er sah eine Weile zu uns durch die Gitter
und ließ schließlich die Tür öffnen. Uns wurde ganz mulmig
zumute. Wollen die uns jetzt in irgendeine Arena schleppen?
Schließlich winkt er die beiden Jungs raus, mustert sie lange
und fragt dann fast nachdenklich:
»Wollt ihr kämpfend sterben?«
»Ich will überhaupt nicht sterben«, fährt ihn Charly erschrocken an.
»Das ist unvermeidlich. Für das Publikum sind Leute, die sich wehren,
aber amüsanter«, antwortet er.
Er greift nach Chris, befühlt dessen Oberarm.
»Du siehst kräftig aus«, stellt er fest. »Wenn du dich aber lieber
waffenlos abschlachten lassen willst, ist es auch gut. Aber natür-
lich müsste ich dich erst prüfen.«
»Was geschieht, wenn ich gewinne?«, will Chris wissen.
Gut, dass Charly übersetzen kann.
»Am Ende gewinnt nur ein einziger Kämpfer«, antwortet der Meister
in einer Tonlage, als plane er sein Mittagessen. »Die Sieger der ersten
Darbietungen erhalten aber eine Nacht mit Speise und Trank und einer
Sklavin ihrer Wahl vor dem letzten Auftritt.«
»Klingt nicht verlockend«, erwidert Chris trocken. »Was meinst du, Charly?«
»Ich bin kein Kämpfer«, brummt der. »Ich glaube, ich kann nicht einmal Blut sehen.«
Wir dürfen uns kurz beraten. Chris möchte uns nicht allein lassen.
Aber er hat eine Heidenangst davor, waffenlos alles zu erdulden.
Charly und ich ermuntern ihn, mit dem Meister zu gehen. Er kann
uns hier ja ohnehin nicht helfen. Ich glaube zwar nicht, dass es für
Chris eine echte Chance ist. Das glaubt er auch nicht. Es hilft ihm
nur , die Angst zu ertragen.
Der Gladiatorenmeister wird ungeduldig. Da tritt Chris zu ihm und
erklärt sich bereit, einen Probekampf zu wagen. Charly lehnt das
Angebot ab. Er muss wieder zurück in die Zelle. Chris aber geht davon.
Für eine Flucht gibt es keine Chance.
Das Tor wird wieder verriegelt und gesichert.
»Du bist ein Narr«, sagt der Soldat, der uns einschließt, zu Charly. »Der
Tod im Kampf ist schneller und angenehmer als das, was du gewählt hast.«
»Mag sein«, murrt Charly. »Aber zumindest bin ich dabei nicht allein.«
»Ich bin froh, dass du noch da bist«, gebe ich zu. »Aber andererseits
wäre ich auch froh, wenn du eine Chance hättest.«
»Das ist keine Chance«, wehrt Charly ab, »zumindest nicht für mich.
Kann Chris denn kämpfen?«
»Er hat mich schon manches Mal erstaunt. Aber gegen ausgebildete
Kämpfer ist er natürlich machtlos. Ich habe echt Angst um ihn. Um uns alle.«