Die Sterne funkeln über unseren Köpfen. Der Anblick ist wunderschön.
»Da war eine Sternschnuppe«, freut sich Emmy.
»Kann nicht sein«, antworte ich schlaftrunken, »die ist doch in Klickytown.«
Das war es dann mit Schlafen, denn Emmy und Rick geben keine Ruhe mehr, bis ich erzähle.
Heute morgen ging ich kurz raus, um die Zeitung zu holen. Als ich zurück ins Haus will,
sehe ich im Halbdunkeln neben dem Schwimmbad etwas stehen, das ich nicht genau
erkennen kann. Ich dachte ja erst, da stünde ein Rollstuhl. Aber das Ding hatte nur
zwei sehr kleine Räder und keine Schiebegriffe, sondern zwei große Antennen, die
zum Himmel ragen.
Im Stuhl saß eine Gestalt mit Hut, die in einer Art Schlafsack steckte, den Kopf an ein
Polster gelehnt. Ich erschrak und dachte zunächst, dass man hier einen Behinderten
ausgesetzt habe. Ich trat trotzdem näher und wollte den Herrn ansprechen.
Als dieser aber den Kopf hob und mich anblickte, war ich zutiefst berührt. In so ein
Gesicht habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen. Die Augen des Mannes
leuchteten in einem unbeschreiblich schönen Blau und auch seinen Mund säumten
keine roten Lippen; sie strahlten ebenfalls in wunderschönem Blau. Mir verschlug
es die Sprache, ich rang nach Luft und noch bevor ich mich wieder gefasst hatte,
bemerkte ich, dass der Mann ein schneeweißes Gesicht hatte, seine Hände aber
tief schwarz waren.
Ich trat einen Schritt zurück, denn das alles wirkte sehr unheimlich auf mich.
Wer war dieser Herr? Woher kam er? Warum stand er in meinem Garten? Fragen
über Fragen, aber ich traute mich nicht, sie auszusprechen. Auch der seltsame Herr
schwieg und sah mich nur an. Einige Zeit verstrich und ich fror, denn es war doch
recht kalt heute morgen. Sehr vorsichtig und zaghaft versuchte ich, die Stille zu
lösen und fragte den Mann, ob er nicht ins Haus kommen möchte.
Er nickte dankbar, sagte aber nichts.
Behutsam stieg er aus seinem Gefährt. Da sah ich, dass er einen kleinen blauen
Koffer auf seinem Schoß gehalten hatte. Er nahm seinen Stuhl unter den Arm
und folgte mir hinauf ins Wohnzimmer.
Mir war ziemlich mulmig zumute. Vorsichtig erkundigte ich mich, ob er vielleicht
eine Tasse Tee möchte. Ich bot ihm einen Sitzplatz an, doch er stellte seinen
Stuhl neben den Tisch und setzte sich wieder hinein, ohne ein Wort zu sprechen.
Ich servierte Tee und Gebäck. Wir beide schauten uns sehr, sehr lange an.
Und plötzlich begann er zu sprechen.
»Mara, ich weiß, dass du ein wunderschönes, großes Haus hast. Ich weiß....«
Er wußte alles von mir, von meinen Abenteuern, von den Aliens, von Kiki und von euch.
»Ich habe schon viel über dich erfahren«, schloss er, »und ich weiß, dass du im Herzen einsam bist.«
»Wer bist du und woher weißt du so gut über mich Bescheid?«, fragte ich.
»Ich bin gekommen, um dir Träume zu erfüllen«, sagte er und öffnete seinen blauen Koffer. »Du
weißt doch sicher, dass man sich etwas wünschen darf, wenn man eine Sternschnuppe fallen sieht.«
Gespannt schaute ich auf den Inhalt des Koffers. Ein weißes Seidentuch kam zum Vorschein,
das noch etwas zu verbergen schien.
Der Mann öffnete behutsam das Tuch.
»Mara«, sagte er, »das ist eine echte Sternschnuppe, die ich dir von da
mitgebracht habe, wo ich herkomme.«
Ich wußte nicht, was ich sagen sagen sollte und schaute den fremden nur völlig verwirrt an.
Silbern glänzend lag die Sternschnuppe vor mir. Und plötzlich brach es aus mir heraus:
»Ich wünsche mir, dass du für immer bei mir bleibst und mein Freund wirst. Du bist so schön!«
»Das hast du gesagt?«, vergewissert sich Emmy aufgeregt.
»Natürlich nicht«, muss ich lachen. »Ich habe aber gesagt, dass ich ihn gern näher
kennenlernen möchte, aber jetzt erst einmal auf Reisen sein werde. Und dass ich
hoffe, dass er nach meiner Rückkehr noch da sei. Das hat er versprochen.«
»Wie heißt er denn?«, fragt Rick, gebannt lauschend.
»Keine Ahnung«, muss ich zugeben. »Wenn wir zurück sind, werde ich es erfahren.
Jetzt lasst uns schlafen.«
Das haben wir dann auch gemacht. Aber in Gedanken war ich noch lange bei diesem
seltsamen Besucher, der den Eindruck erweckte, als sei er »mein Stern«.