Ich halte mich jetzt zurück.
Nicht, weil das Skelett mich ängstigt, sondern weil ich denke,
dass der Rest eine Sache der Ambachs ist.
Chris und Eddy legen gemeinsam die gestohlenen Knochen neben die Gebeine ihres Vorfahren,
ordnen sie in die richtige Lage und legen am Schluss den Schädel dazu.
»Tja, Väterchen«, sagt Eddy, als sie damit fertig sind, »nun bekommst du nach Hunderten
von Jahren im Tod Gesellschaft. Ich hoffe, ihr beide vertragt euch ab nun.«
Chris grinst, sagt aber nichts.
Gemeinsam hieven wir die schwere Grabplatte zurück.
Puh, ist das anstrengend.
Aber am Ende darf keine Spur unseres Eingreifens mehr übrig sein.
Wäre nicht gut, wenn man das bemerkt und womöglich nachschaut, was wir getrieben haben.
Fertig. Jetzt nichts wie raus hier.
»Meinst du, das hat geholfen?«, fragt Chris zweifelnd.
»Ich weiß es nicht. Ich hoffe es halt.«
»In ein paar Jahren wissen wir es«, meint Eddy. »Wenn Constanze dann noch bei klarem Verstand ist,
hat es gepasst. Wenn nicht, naja, dann haben wie es wenigstens versucht.«
»Wartet!«, halte ich die anderen zurück. »Schaut, da! Seht ihr sie?«
Die weiße Frau ist erschienen.
Sie steht am Kopfende des Sarkophages.
Ich deute auf sie. Die Jungs schauen dorthin.
»Da ist nichts«, sagt Chris. »Hast sicher nur einen Schatten gesehen.«
Kann möglich sein, ja.
Obwohl, für einen Moment wandelt sich die weiße Frau zu einer schönen blonden Jungfrau.
Sie lächelt. Sie sieht sehr zufrieden aus.
»Die weiße Frau ist die Tochter des Herrn von Drachenhort«, erkenne ich da. »Sie war das
letzte Opfer, das man dem Drachen darbrachte. Sie blieb auf der Burg, ihrer Heimat,
bis euer Vorfahr die Gebeine ihres Vaters entehrte. Danach hat sie sich gegen eure Familie
gewandt. Ich glaube, sie ist nun versöhnt.«
»Deine Freundin ist mir jetzt direkt unheimlich«, flüstert Eddy dem Bruder zu.
»Du solltest Eddy einiges erklären«, murre ich, weil Chris ihm immer noch nichts von sich erzählt hat.
»Mach ich«, verspricht der, »später. Jetzt muss ich mich zuerst mit Clara treffen,
die Phil am Treffpunkt nicht gefunden hat. Wenn ich zurück bin, reden wir.«
»Wohin gehst du?«
»Nach Gualasama. Clara wartet dort auf mich. Nun lasst uns hier verschwinden.«
Wir verlassen die Krypta und danach die Kathedrale.
Die Weiße Frau vergesse ich nicht. Im Licht der Fackeln wirkte sie fast glücklich, als sie
am jetzt hoffentlich endgültigen Grab ihres Vaters stand.
Ich hoffe, sie hat nun Frieden gefunden.