„Meine Herren, willkommen zur Geschichtsstunde über Herten.“ Lächelnd blickte Mylady von einem Gesicht zum anderen.
Wach sahen die Zuhörer nicht aus.
Dies störte Mylady überhaupt nicht, munter begann sie ihren Vortrag:“ Beim letzten Mal hat Özcan versäumt das Grundwissen zu vermitteln.
Keine Angst, jetzt bin ich da und werde diese Lücke füllen.
Wir beginnen mit der ersten urkundlichen Erwähnung.
Herten wurde um 1050 im Heberegister der Abtei Werden an der Ruhr als "Herthene" erwähnt. Hert bedeutet Hirsch. Um 1350 wurden die Herren von Herten als Besitzer der Burg Herten erwähnt. Schon am 2. Februar 1376 wurde das Haus Herten, der Vorläufer des heutigen Schlosses, beschrieben. Im Mittelalter war der Ort Teil des Kurfürstentums Köln. Für etwa 300 Jahre war das Schloss Herten Sitz der Statthalter des kurkölnischen Gerichtsbezirks. Zwischen 1844 und 1856 gehörte die Landgemeinde zum Amt Recklinghausen. 1857 trat Herten aus dem Amtsverband aus und bildete seitdem ein eigenes Amt. Herten blieb bis zum Beginn des Steinkohlebergbaus 1872 dörflich geprägt.
„Oh nein!“
„Echt jetzt.“
„Mein Kopf!“
„Meine Herren, wo bleibt ihre Begeisterung? Sie sind nicht zum Spaß hier. Sie sollen von dem Aufenthalt viel mitnehmen.“
„Oh, wenn ich das vorher gewusst hätte.“
„Oh man!“
„Meine Herren, ich weiß das sie sich freuen. So viel Jubel schon am Anfang meiner Ausführung.
Von 1844 bis 1856 war Herten selbständige Landgemeinde im Amtsverband Recklinghausen. Nach der Abtrennung im Jahre 1857 erhielt Herten eine eigene Verwaltung. Graf Felix Droste zu Vischering von Nesselrode-Reichenstein stellte zunächst das Renteigebäude des Hertener Schlosses für die Verwaltung des Amtes Herten zur Verfügung.
Bis 1870 prägte das Stadtgebiet ein dörflich-ländliches Bild. Der Einzug des Steinkohlenbergbaus im Jahre 1872 löste eine rasante Entwicklung aus. Dabei stieg die Bevölkerungszahl sprunghaft an. Es entstanden zahlreiche Bergarbeitersiedlungen verschiedener Stilrichtungen und Epochen. Noch heute ist die um 1910 erbaute Gartensiedlung in Bertlich in ihrer Struktur erhalten.

Mit dem ersten Spatenstich zum Schacht I der Zechenanlage Schlägel & Eisen am 01. Juni 1874 begann für Disteln eine stetige Entwicklung von der Agrar- zur Industrielandschaft. Nach Abteufen des zweiten Schachtes im Jahre 1890 setzte ein gewaltiger wirtschaftlicher Aufschwung des Bergbaus ein, so dass in Langenbochum, Scherlebeck und Herten-Süd weitere Schächte angelegt wurden. Die ersten Zechenarbeiter kamen aus Herten und der näheren Umgebung. Mit dem gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung des Bergbaus Ende der achtziger Jahres des 19. Jahrhunderts reichte das Arbeitskräfteangebot der Umgebung nicht mehr aus. Es wurden gezielt Arbeitskräfte angeworben. Sie kamen hauptsächlich aus den deutschen Ostgebieten. Aber auch viele Ausländer, vor allem Polen, Tschechen und Slowenen sind nach Herten eingewandert. Die Einwohnerzahl stieg bis 1926 weit über das dreißigfache. Herten wurde zu einer der größten Bergbaustädte Europas.“
„Sind wir bald da?“
„Ich will zu meiner Mami!“
„Meine Herren, jetzt wird es doch erst spannend. Die Jugend von heute. Wer sich auf eine Wissensreise begibt, muss auch Wissen aufnehmen können. Also Gehirn an und aufgepasst.
Vor 120 Jahren begann der Bau der Schachtanlage 3. Werner Gellhorn entwarf das ungewöhnliche Fördergerüst über dem Schacht. Um eine Doppelförderung zu ermöglichen, verschmolz der Ingenieur zwei Einzelfördergerüste zu einer dreibeinigen Konstruktion. Ab 1897 wurde aus 400 Metern Tiefe Kohle gefördert. Doch schon bald stellte sich heraus, dass Fördertürme nach Gellhorns Konstruktion zu wenig belastungsfähig sind, weshalb sie heute nur noch vereinzelt findet. Auf der Zeche Schlägel und Eisen hingegen blieb die besondere Konstruktion erhalten.
Um die Jahrhundertwende wuchs die Zeche Schlägel und Eisen rasant: Zwei weitere Schächte wurden errichtet, eine Kokerei samt Nebengewinnungsanlagen nahmen ihren Betrieb auf, ein Bahnanschluss, eine Sieberei, ein Verwaltungs- und ein Kauengebäude wurden gebaut. 1928 wurde die imposante und noch heute erhaltene Zwillingsdampffördermaschine eingeweiht.
Nach der Überwindung der Weltwirtschaftskrise konnte die Fördermenge trotz großer Nachfrage nicht gesteigert werden, da es in der Region akut an Arbeitskräften mangelte. Auch mit der Beschäftigung von Frauen und Zwangsarbeitern ließen sich die Förderzahlen nicht steigern. Erst als gegen Ende der 1940er Jahre die Kriegsschäden beseitigt wurden und das „Wirtschaftswunder“ einsetzte, wurde die Förderung stetig intensiviert.
Als die Zeche 1969 Teil der neugegründeten Ruhrkohle AG wurde, war sie bereits zu einem industriellen Hochleistungsbetrieb ausgebaut worden. 1975 erreichte die Zeche mit einer Gesamtförderung von über zwei Millionen Tonnen Steinkohle die höchste Förderleistung ihrer Geschichte