Gott und die Welt

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Junker Jörg
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Re: Gott und die Welt

Beitrag von Junker Jörg » Montag 23. Juni 2025, 23:15

Zu Luthers Zeiten war sich die Kirche 200%ig sicher, auf dem richtigen Weg zu sein - anders als die Juden. Was hätte man also von denen lernen sollen? Luther war überzeugt, wer seine Schriften liest, könne gar nicht anders, als sich seiner "richtigen" Meinung anzuschließen. Diese Überzeugung hatte er zunächst sowohl für seine Kirche als auch die Juden. Als dann zunächst Papst und Kirche, später auch das Judentum nicht evangelisch werden wollte, gab's böse Hetze gegen beide. Wo der frühe Luther durchaus judenfreundlich war, war der späte leider ein gefrusteter Antisemit (so mal als Kurzfassung).

Was das Aramäische angeht: Richtig, Jesus sprach Aramäisch, nicht Hebräisch (wobei das sehr ähnlich ist). Aber die Aufzeichnungen über ihn wurden überwiegend von Menschen mit griechisch-/römischem Hintergrund verfaßt und folglich auf Griechisch, der damaligen Weltsprache.

Was den Urtext angeht: Damals (zur Zeit Jesu, Jesajas, Moses'...) wurde ja ned mitgeschrieben, sondern erstmal lange mündlich überliefert. Da haben sich die Leute abends am Feuer hingesetzt und ihre Stammbäume erzählt, weil die z.B. wichtig waren, wenn's drum ging, welcher Stamm wie mit welchem verbündet ist. Auch die Jesusgeschichten wurden zunächst nur erzählt. Wenn z.B. ein Matthäus vorgibt, als bekehrter Zöllner selbst Jünger Jesu gewesen zu sein, sollte man das mit Vorsicht genießen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, daß der gute Paulus ca. 20 Jahre nach Jesu Tod die ersten schriftlichen Aufzeichnungen verfaßt haben dürfte. Seine Briefe waren aber keine Biographien Jesu (dafür gab's ja die hinlänglich bekannten erzählten Geschichten), sondern theologische Schriften. Dann dürften allmählich die ersten Jesusworte und -erzählungen verschriftlich worden sein. Aus denen wurden die vier Evangelien. In dieser erst mündlichen, dann vielfältigen schriftlichen Überlieferung liegen die ersten Quellen dafür, daß z.B. gleiche Geschichten in den Evangelien gern mal ähnlich, aber nicht identisch erzählt werden. Hier rauszufinden, was wahrscheinlich am nächsten an den tatsächlichen Ereignissen dran ist, gehört in der Theologie zur sogenannten "Literarkritik".

Dann haben wir also irgendwann mal das schriftliche "Urevangelium" - und das wird jetzt wieder und wieder abgeschrieben. Dabei kommt es auch zu Fehlern. Worte werden ausgelassen, Buchstaben vertauscht, eine Zeile übersprungen... Und gleichzeitig wurden entdeckte Fehler natürlich auch wieder korrigiert. Das kann auch schiefgehen, bedenkt man, daß im Hebräischen ein fehlender Punkt einen gravierenden Unterschied machen kann. Die Suche nach dem Urtext, also dem ersten schriftlichen Text, heißt in der Theologie "Textkritik". Die vergleicht verschiedene Textvarianten und versucht zu rekonstruieren, welche die wahrscheinlich ursprüngliche war und welche Unterschiede durch Kopierfehler entstanden.

Nun zu Luther - und uns. Natürlich sind wir heute da viel weiter als Luther. Ich vermute (aber das ist dünnes Eis, denn in Kirchengeschichte war ich noch nie wirklich gut), daß Luther einen hebräischen Text des AT gehabt haben dürfte. Das war für ihn "der Urtext". Textkritik gab's damals noch nicht, die kam erst im 19. Jahrhundert auf. Als ich studierte, war diese historisch kritische Auslegung mit den Versuchen, möglichst nah an die urpsrünglichen erzählten und geschriebenen Fassungen heranzukommen, grad groß in Mode. Das haben wir rauf und runter gemacht. Wenn ich heut mit jungen Kollegen rede, erzählen die, daß es inzwischen andere Ansätze zur Bibelauslegung gibt und diese Suche nach den Urtexten gar nicht mehr so intensiv verfolgt wird. Aber in meinem Hebräischen AT gibt's haufenweise texkritischer Anmerkungen mit Verweisen darauf, in welcher der wichtigen AT-Schriften(gruppen) welche Lesart zu finden ist. Und Teil meines Examens war auch, beim Übersetzen des hebräischen/griechischen Textes auf diese möglichen Urformen einzugehen. Diese Probleme dürfte Luther ned gehabt haben. Für ihn war das AT auf Hebräisch und das NT auf Griechisch "der Urtext". Glücklicher Luther!

jj:
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Hagen von Tronje
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Re: Gott und die Welt

Beitrag von Hagen von Tronje » Montag 23. Juni 2025, 23:29

Also doch: ALLES nur Hörensagen.
Ob Hörensagen vorm jüngsten Gericht Bestand hat?

:kicher


Herzlichen Gruß Hagen
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Junker Jörg
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Re: Gott und die Welt

Beitrag von Junker Jörg » Dienstag 24. Juni 2025, 08:11

Hagen von Tronje hat geschrieben:
Montag 23. Juni 2025, 23:29
Also doch: ALLES nur Hörensagen.
Ob Hörensagen vorm jüngsten Gericht Bestand hat?
Wir werden es beizeiten erfahren :grinsen

:jj

P. S. Wobei wir nicht unterschätzen sollten, wie akkurat Hörensagen zu einer Zeit ohne Mikrophon und Kamera war. Die Menschen waren drauf angewiesen, Lesen und Schreiben konnten auch nur wenige. Wir haben da vermutlich viel verlernt, weil wir es nimmer so brauchen.
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Junker Jörg
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Re: Gott und die Welt

Beitrag von Junker Jörg » Samstag 30. August 2025, 22:35

Zeit für den nächsten Beitrag:

Die Johanniter
Johanniter0.jpeg
Vermutlich zierte das Johanniterkreuz bereits 1974 Klickyschilde und Umhänge. Wobei, das muß ich fairerweise zugeben: Es war vermutlich damals ein Malteserkreuz. Optisch ist das dasselbe (auch wenn die Malteser ihr Kreuz heute fast immer in Wappenform präsentieren, während das Johanniterkreuz auf einer runden Scheibe prangt). Für den Krankenwagen 3254 (der 1977 auf den Markt kam) gab's nämlich...
Johanniter4.jpg
Johanniter4.jpg (37.33 KiB) 159 mal betrachtet
...neben den Rotkrauzaufklebern auch eine Malteser-Hilfsdienst Version. Mein Verdacht: Einer der Mitarbeiter damals war ehrenamtlich beim MHD Nürnberg aktiv. Aber egal, für mich sind's Johanniter :kicher

In Playmobils Gründungsjahr erschienen die Packungen 3130, 3131, 3135. Selbstredend besitze ich keine dieser Raritäten, doch ich interpretiere die Bilder des Kollektors so, daß...
Johanniter1.jpg
Johanniter2.jpg
...es schon damals den Schild, die Fahne sowie die beiden Umhänge (lang und kurz) gab - und ein Beipackzettel aus dieser Zeit zeigt dazu das Johanniterkreuz. Die Fanfahre kam erst später dazu (meines Wissens im Set 3261 in 1976).

Schon im nächsten Jahr erschien das Set 3334. Da ist das Kreuz nicht nur auf der Schachtel klar zu sehen, jetzt sind die Teile nicht mehr rot, sondern orange:
Johanniter3.jpg
An dieser Stelle DANKE :dank an Malte, daß ich Deine Schilde, Fahnen und Umhänge hier zeigen darf :dank1 . Ich selber besitze keines dieser Teile (bloß die Fanfare :grinsen ).

Das Johanniterkreuz geht auf den Johanniterorden zurück, der 1099 in Jerusalem gegründet wurde und sich die medizinische Versorgung kranker Pilger im Heiligen Land auf die Fahnen geschrieben hatte. Später kamen dann mehr und mehr "ritterliche" Tugenden wir das Kämpfen dazu. Im Zuge der Reformation schlossen sich die Preußischen Johanniter den Protestanten an - und behielten den ursprünglichen Ordensnamen bei. Die katholischen benannten sich nach dem neuen Hauptsitz des Ordens, der Insel Malta, in "Malteser" um.
Die acht Spitzen des Johanniterkreuzes stehen entweder für die acht "Zungen" (damalige nationale Johannitergruppen) des Ordens oder die acht Seligpreisungen Jesu aus der Bergpredigt.

Dann kam mit der Nummer 5054 der "Malteser-Ritter" raus:
Johanniter.jpg
Der kommt optisch schon recht nah an das ran, was Johanniterritter früher so trugen. Eigentlich müßte der Rittermantel (hier nur als schwarzer Umhang über den Rücken) den ganze Ritter umgeben und das Kreuz auf der linken Seite über dem Herzen zeigen. Aber das geht halt mit Playmobil nicht. Auch dieser Federhut paßt - im Prinzip. Denn eigentlich war der im 19. Jahrhundert, als der "in" war, trug "Johanniter" natürlich preußische Uniform. Doch egal! Das Szepter, das mit dem Kreuz auch ein christliches Symbol präsentiert, konnte mein Johanniterritterexperte übrigens nicht konkret zuordnen. Das gehört wohl eher zur künstlerischen Freiheit des Sets.

Der Johannitersanitäter kam 2019 mit der Nummer 70068 auf den Markt, und es geht die Sage, er soll nicht der letzte seiner Art gewesen sein :pfeif .
Johanniter5.jpg
Die Johanniter sind eine evangelische Hilfsorganisation und in Deutschland mehr oder minder eng mit der evangelischen Kirche verbunden.

Übrigens: Malta war zwar die Heimat des Johanniterordens, doch wer heute auf die Insel kommt, trifft dort...
Johanniter6.jpg
Johanniter6.jpg (88.91 KiB) 159 mal betrachtet
...Feuerwehreinheiten und natürlich auch Sanitätskräfte der Johanniter ;-). Aber die gibt's so nicht im Original von Playmobil.

jj:
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