Die Rennen und Regatten in der KLICKYWELT.
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Mara
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von Mara » Dienstag 19. Februar 2019, 08:01
Verwirrt gehe ich wieder in den Saloon. Shelley, wieder angezogen,
redet über Alchemie, Werk der Schöpfung und den Blitzen als
Elementarkraft. Er begeistert sich an der Idee der Transformation,
die durch solche Kraft geschehen könnte.
"Sie hören sich alle einfach zu gern selbst reden", murmelt Jane.
"Ja", stimme ich zu. "Sie sind faszinierend, aber anstrengend.
Ich denke, ich ziehe mich jetzt besser zurück."
Jane nickt. Insgeheim beneidet sie mich um diese Möglichkeit.
Andererseits möchte sie Byrons Nähe aber nicht missen.
Ich will nach Kiki sehen und stelle mit Freuden fest, wie Otto von
Elsbeth nunmehr nicht nur akzeptiert wird, sondern geradezu
verwöhnt. Eine Ratte als Kuscheltier ist 1816 nicht unbedingt normal.
"Ich hoffe, meine Begleiter fallen dir nicht zur Last", sage ich.
"Aber nein", wehrt Elsbeth rasch ab. "Sie sind alle drei wundervoll und
erhellen diese trüben Tage sehr. Ich hoffe, ihr bleibt noch lange hier."
"Wenn sich das Wetter nicht bessert, muss ich das wohl", schmunzle ich.
"Kiki, Kiki, Kiki."
Begeistert erzählt der Kleine von seinem Tag. Er ist rundum
zufrieden, hier so verwöhnt zu werden. Und der Kuchen, den
Elsbeth für ihn gebacken hat, sieht nicht nur köstlich aus.
Er riecht auch verführerisch.
"Greif nur zu, Mara", lädt mich Elsbeth ein. "Magst du einen
Kakao dazu?"
Und ob ich mag. Ich muss den nackten Shelley noch aus meinem
Kopf bekommen. Heiße Schokolade kann sehr beruhigend wirken.
Es blitzt und donnert weiter.
Ich fürchte, so schnell kommen wir hier nicht weg.
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erwinius
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Beitrag
von erwinius » Dienstag 19. Februar 2019, 08:44
Wirklich superschön erzählt
Mir gefallen die pfiffigen Lösungen und Details, die Du in die Geschichte einbaust (Höllenschlund usw.)
Toll gemacht und spannend aufgebaut. Bitte weiter so
Viele Grüsse
Erwinius
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Die Osebergs
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von Die Osebergs » Dienstag 19. Februar 2019, 08:54
Ja, weiter so.
Ich genieße jeden Post davon.
Es ist so schön deiner Geschichte zu folgen.
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Aquarius
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von Aquarius » Dienstag 19. Februar 2019, 17:04
Na da habt ihr ja etliches beim Lord erlebt!
Und Kicky und co haben sich wirklich gut verwöhnen lassen. Da wäre mein Rassenbande auch gerne mit am Tisch gewesen.
Aber wer weiß die haben auch was erlebt.
Mara ich habe ein Wahnsinn Respekt vor deiner Schnelligkeit deiner Geschichte!
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Mara
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von Mara » Mittwoch 20. Februar 2019, 07:39
Ihr seid echt lieb. Vielen Dank
Wir befinden uns im Jahr 1816 und hier gibt es weder Fernseher
noch Radio und schon gar nicht Computer, Videospiele, Handys
oder Tablets. Kurzum: es gibt kaum Möglichkeiten, Zeit sinnlos
zu ermorden. Wenn man sie hat, die Zeit, dann muss man sie
irgendwie füllen. Am Kamin lesen die Freunde abwechselnd in
der Phantasmorgia, einer Sammlung von Gruselgeschichten.
Ich finde diese Geschichten ziemlich grausam und kann
damit nicht viel anfangen. ich schaue ja in meiner Zeit auch
keine Horrorfilme an. Aber den Leuten hier gefällt es so sehr,
dass Jane sogar vorschlägt, man könne doch eigene schauerliche
Geschichten erfinden. Die Männer beginnen sofort, erste Exposes
zu erstellen und sich dabei gegenseitig zu übertrumpfen.
Auch Jane und Mary überlegen, wie eine solche Horrorgeschichte
aussehen könnte.
"Wenn ein Blitz totes Gewebe zum Leben bringt", greift Mary Shelleys
Gedanken des Unwetters auf, "dann könnte ein Mensch entstehen."
Sie reden sich in Eifer. "Was denkst du darüber, Mara?"
"Ich denke, jene Kreatur wäre ein sehr einsames, verkanntes und
unglückliches Wesen", gebe ich zu. "Kein Monster, sondern ein Opfer
fehlgeleiteter Wissenschaft."
Mary wird nachdenklich.
Ich lasse die Gruppe allein. Das war mir einfach viel zu viel
Grusel heute. Ich muss dringend etwas entspannen und abschalten.
Elsbeth hat mir erlaubt, das Bad zu benutzen.
Der Ofen hat das Wasser schon erwärmt.
Ah, das tut gut. Ein heißes Bad lässt einen ohne
Mühe jeden kalten Wintertag, jedes ungemütliche
Unwetter und alle Gruselstorys vergessen.
"Kikiiiiii!"
Mit Anlauf hüpft der Kleine zu mir in die Wanne.
"Hey, das ist zu eng für uns beide", lache ich.
Kiki lässt sich rücklings auf mich fallen und strampelt
mit den Beinchen, damit sich mehr Seifenblasen bilden.
Erst ertrage ich ihn einfach. Aber dann wird gekitzelt,
geschubst, geschmust.
Es ist einfach viel fröhlicher und schöner mit einem Kiki,
das ich in echt und in Gedanken jedem Dämonen jederzeit
und überall vorziehen werde.
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Mara
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von Mara » Donnerstag 21. Februar 2019, 07:48
Es gewittert seit Tagen. Aber jetzt ist das Unheil direkt über
der Villa. Es blitzt und donnert ohne Unterlass. Die Stimmung
ist deshalb etwas bedrückt, auch wenn Lord Byron weiterhin
spekuliert, ob ein Blitz stark genug sein könne, Leben zu er-
schaffen. Krachend spaltet ein Blitz die große Tanne neben dem
Haus. Gespenstische Schatten tanzen an decke und Wänden.
Mir ist, als höre ich trippelnde Schritte auf dem Dach. Aber die
anderen bemerken nichts davon. Ich will nachsehen und gehe
nach oben. Blitzgeister! Sie haben mich sofort bemerkt.
So eine Kampfhandtasche ist ein durchaus brauchbares Werk-
zeug, wenn es gegen allerlei Halunken geht. Die Blitzgeister
sind davon wenig beeindruckt. Meine Tasche wird versengt.
Puh, dieses Duell ist heftig. Die Geister sind ja in der Überzahl
und so ein kraftvoller Blitz ist höchst gefährlich. Nur mit viel
Glück wurde ich noch nicht getroffen. Sie drängen mich zurück.
Jetzt haben sie mich. In dieser Ecke bin ich gefangen. Mit der Kraft
der Verzweiflung schwinge ich die Handtasche, verschaffe mir etwas
Luft. Sie senden einen gewaltigen Blitz. Ich werfe mich beiseite und
rette mich im allerletzten Moment ins Haus.
Dieses Duell habe ich verloren. Ich bin wütend auf mich selbst.
Leise schleiche ich ins Bad, um die unrühmlichen Spuren dieses
Kampfes von Gesicht und Kleidung zu entfernen.
Es blitzt und donnert weiter. Ich habe das Gefühl, in all den tosenden
Naturgewalten das leise Lachen der Blitzgeister zu vernehmen.
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Flatterfee
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Beitrag
von Flatterfee » Freitag 22. Februar 2019, 02:30
Mara hat geschrieben: ↑Donnerstag 21. Februar 2019, 07:48
Ich habe das Gefühl, in all den tosenden
Naturgewalten das leise Lachen der Blitzgeister zu vernehmen.
Und ich habe den Verdacht, dass diese Blitzgeister die angehenden Autoren mit Geistesblitzen versorgen.
Time is Money.
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Mara
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von Mara » Freitag 22. Februar 2019, 09:08
Kann man auch gegen Geistesblitze kämpfen?
Wir sitzen zusammen und wieder wird nur über Schauergeschichten
philosophiert. So langsam geht mir das Thema auf die Nerven.
Können diese Leute nicht auch mal von etwas anderem reden?
Elsbeth betritt den Raum und kündet Lord Byron eine Besucherin an.
"Das wird eine lustige Abwechslung", hofft der und bittet
die Fremde herein.
Mir ist nicht wohl dabei, als eine Frau, die verdächtig nach Malinche
aussieht, eintritt und auf dem schnell abgeräumten Tisch eine riesige
Kristallkugel aufstellt. Sie murmelt einige unverständliche Formeln.
"Wollt ihr eure Zukunft sehen?", bietet sie dann auf seltsam
hinterhältige Art an.
"Oh ja", ruft Claire begeistert. "Sage mir, ob ich meine Liebe erringe."
Es weiß hier jeder, dass sie mit Byron eine Affäre hatte und
deren Ende nicht akzeptieren mag.
Malinche lächelt.
"Du wirst eine Tochter gebären und fünf Jahre lang lieben können. Deine
große Liebe findet keine Erfüllung, doch dir ist ein hohes Alter gegeben."
Claire erbleibt. Mary drängt nach vorn.
"Kinder sterben. Dunkelheit und Krankheit und Einsamkeit. Deine Werke
aber überdauern dich für alle Zeiten."
"Spielen ist gut", sagt sie zu Polidori, "aber du verlierst und endest dein Leben."
"Und wer bin ich?", lacht Byron, der als einziger alles nicht ernst nimmt.
"Freund der Griechen bist du, doch Kälte umgibt dich bei deinem frühen Tod."
Zu Shelley sagt sie: "Ich sehe ein kenterndes Boot und einen Mann,
der nicht schwimmen kann."
Malinche schaut mich an. Rasch trete ich einen Schritt zurück.
"Was immer du siehst", verlange ich, "behalte es für dich."
"Ich sehe Schokolade", schmunzelt sie wissend.
"Ich mag es nicht, wenn man den Leuten Unheil prophezeit", halte
ich ihr vor.
"Sie können es wenden", erwidert sich leichthin. "Shelley könnte
schwimmen lernen, der Arzt kein Spieler werden und du ..."
"Lass es gut sein", unterbreche ich sie.
Ich verziehe mich vorsichtshalber. Solche Prophezeiungen mögen
zumeist Unfug sein, aber sie bohren sich ins Unterbewusstsein.
Da will ich sie jedenfalls nicht haben.
Elsbeth hatte gelauscht.
"Ich sehe einen Erdbeerkuchen, der verschlungen wird", äfft sie
Malinches Stimmlage nach.
Lachend sorge ich dafür, dass diese Vorhersage eintrifft. Im Saloon
gruseln sich die Leute weiterhin mit Todenahnungen. Ich spiele mit
Kiki, Tiger und Otto und plaudere mit Elsbeth.
Ich finde, wir haben den besseren Part dieses Tages für uns.
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Daniela
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Beitrag
von Daniela » Freitag 22. Februar 2019, 10:37
Mara hat geschrieben: ↑Freitag 22. Februar 2019, 09:08
Ich verziehe mich vorsichtshalber. Solche Prophezeiungen mögen
zumeist Unfug sein, aber sie bohren sich ins Unterbewusstsein.
Da will ich sie jedenfalls nicht haben.
.
Sehr weise!
Genauso sehe ich das auch!
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erwinius
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Beitrag
von erwinius » Freitag 22. Februar 2019, 14:18
Daniela hat geschrieben: ↑Freitag 22. Februar 2019, 10:37
Mara hat geschrieben: ↑Freitag 22. Februar 2019, 09:08
Ich verziehe mich vorsichtshalber. Solche Prophezeiungen mögen
zumeist Unfug sein, aber sie bohren sich ins Unterbewusstsein.
Da will ich sie jedenfalls nicht haben.
.
Sehr weise!
Genauso sehe ich das auch!
Da schliesse ich mich an
Und wie gewohnt bei Dir, hast Du auch diese Eposode sehr schön und mit viel Liebe zum Detail umgesetzt
www.Oldtimer.modelly.de
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Antler
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Beitrag
von Antler » Samstag 23. Februar 2019, 08:31
Bezüglich Malinchē seid ihr auf dem Holzweg. :-) Ob Freund oder Feind, wer weiß das schon so genau? Wir werden sehen ...
Nicht nur die Blitzgeister sind grandios umgesetzt.
Ich danke dir (= + 3 NAPS), Mara!
Kraki
OST: Leningrad Cowboys & The Red Army Choir ♫ Delilah.
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Mara
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von Mara » Samstag 23. Februar 2019, 08:33
Direkt unter meiner Dachkammer liegt das Schlafzimmer von Mary.
Eigentlich will auch ich schlafen, aber von unten kommt immer
wieder angstvolles Stöhnen.
Tiger faucht. Auch er fühlt sich gestört.
Es knarrt und ächzt. Mary scheint sich in ihrem Bett hin- und
herzuwälzen und keine Ruhe zu finden.
"Kiki?", schlägt der Kleine vor, doch mal nachzusehen.
Missmutig ziehe ich mich eben wieder an. So finden wir
eh keine Ruhe.
Mary ist allein, wie ein rascher Blick in ihr Zimmer beweist.
Sie stöhnt angstvoll, stammelt ein "Nein, nein, nein" und
zittert am ganzen Körper.
"Kiki", ruft der Kleine und deutet auf das Bild an der Wand.
"Das ist ein Ölgemälde von 1781", erkläre ich ihm. "Es wurde
von Henry Fuseli gemalt. So ein Incubus im Schlafzimmer würde
auch mir Alpträume bereiten."
"Kiki?"
"Ich weiß nicht, ob abhängen hier gewünscht oder gewollt ist",
zögere ich.
Tiger versteht die ganze Aufregung nicht. Er springt aufs
Bett, rollt sich auf Mary zusammen und schnurrt, was das Zeug
hält. Erstaunlicherweise wird sie ruhiger. Endlich verraten
tiefe Atemzüge ihren nun erholsamen Schlaf.
Eine schnurrende Katze hält eben jeden Alptraum fern. Und
sie verjagt sogar bösartige Wesen. Das Bild verändert sich.
Der Nightmare verschwindet und gibt einer hoffnungsvollen
Morgensonne Raum. Ich schätze, nun können wir auch schlafen.
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Mara
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von Mara » Samstag 23. Februar 2019, 08:37
Das Gewitter hat aufgehört und der Regen ließ nach. Ich habe
mich von den Gastgebern verabschiedet.
"Ihr wollt wirklich gehen?", bedauert Elsbeth.
"Ja, es muss sein", antworte ich. "Unser, äh, Fahrzeug
wartet schon auf uns."
Ich kann ihr ja schlecht erklären, dass ich einen gläsernen
Fahrstuhl in der Nähe gesehen habe.
Elsbeth drückt mir die Hand.
"Ich bin froh, dass ihr während des Unwetters hier gewesen
seid", gibt sie zu. "Die Herrschaften sind etwas anstrengend.
Da habt ihr mir meine Arbeit sehr erleichtert."
Sie nimmt Kiki auf den Arm und knuddelt ihn.
"Vor allem du warst wie ein Geschenk für mich", lacht sie.
"Pass gut auf Mara auf. Vielleicht kommt ihr ja irgendwann
wieder."
"Kiki, Kiki", antwortet er ernsthaft und ich übersetze
lieber nicht, dass das sehr unwahrscheinlich ist.
Wir machen uns auf den Weg. Zwar haben wir keine
Ahnung, wohin die Reise gehen wird. Aber viel gruseliger
kann es kaum werden, hoffe ich.
Zuerst aber gilt es, die anderen Teams zu treffen und
ein wenig Party zu machen.
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von Aquarius » Samstag 23. Februar 2019, 13:45
Was für eine Umsetzung das ist ja schon fast wörtlich.
Haben Kiki´s eigentlich ein Fell oder ist das Haut?
Mara Kopf hoch auch wenn du das Duell verloren hast, man gewinnt nicht immer.
Und deine Reisebegleiter haben sich das wirklich gut gehen lassen!
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von Mara » Montag 25. Februar 2019, 08:01
Ich habe gestern Abend Kiki noch aus "Heidi" vorgelesen. Nun will
er sie unbedingt besuchen, was natürlich nicht möglich ist, weil
uns der Fahrstuhl ins Jahr 1866 brachte, Heidi aber erst 1880 erschien.
Allerdings erschien die vermutliche Vorlage "Adelaide, das Mädchen
vom Alpengebirge" des Lehrers Hermann Adam von Kamp bereits 1830.
Also suchen wir nach Adelaide.
Der Weg führt durch ein herrliches Sonnenblumenfeld.
Das Feld führt bis zum Dorf Caux, an dessen Rand etwas einsam das
Häuschen der Dorflehrerin Adelaide steht. Sie arbeitet mit ihrer kleinen
Tochter im Garten. Kiki läuft sofort auf das Mädchen zu.
"Kiki, Kiki", lacht er.
"Was bist du denn für ein komischer Teddy", freut sich das Kind.
Ich bin etwas höflicher und stelle mich Adelaide förmlich vor.
Sie wirkt abweisend und unfreundlich.
"Du trägst den Rock verkehrt herum", tadelt sie mich.
"Och, ich fand die Schleife vorn einfach hübscher", gebe ich
betreten zu. "Hosen wären mir ohnehin lieber."
Über dem Rinderhorn, das man von hier aus gut sehen kann, zieht
ein Gewitter auf. Adelaide schaut skeptisch zum Berg hinauf.
"Hoffentlich ist Großvater im Haus", murmelt sie.
"Er wohnt dort oben?"
"Der Älpler hat dort seine Sennerei", taut sie nun auf, da sie
gern von dem alten Mann spricht, den sie wohl sehr liebt. "Er
kommt nur selten herab zu uns. Willst du mit mir zu Abend essen?"
Wir gehen ins Haus. Adelaide hat noch nicht gekocht. Ihr Töchterchen
freut sich riesig, als meine Begleiter zu ihr auf die Bank kommen.
Adelaide als ledige Mutter ist im Dorf nicht hoch angesehen.
Da gibt es selten Besuch und die Kleine fühlt sich etwas ausgestoßen.
Klar, dass Kiki, Tiger und Otto für sie eine wahre Freude sind.
Adélaïde füllt zwei Gläser mit l'eau-de-vie. Dieses hochgeistige Lebens-
wasser wird aus verschiedenen Trestern gebrannt und hat es wahrlich
in sich. Eigentlich nichts auf nüchternen Magen.
"Jetzt sag nicht, dass nur Männer das trinken dürfen", warnt sie mich.
"Ich bin nicht der Ansicht, dass Männer uns Frauen etwas voraus haben",
lache ich. "Sie sind etwas, hm, anders, aber bestimmt nicht besser."
"Dann trink mit mir!"
Wir stoßen an. Adelaide wird nach dem zweiten Glas redselig. Sie erzählt
von Pierre, dessen Heiratsantrag sie trotz Schwangerschaft ablehnte. Sie
plaudert über ihre diversen Affären. Und dann redet sie nur noch von Claire,
ihrer wahren Liebe, ihrer allerbesten Freundin. Claire saß im Rollstuhl,
als sie sich begegneten. Auf der Alp lernte sie das Laufen.
Ich fürchte, mit Essen wird es nichts mehr. Adelaide hat inzwischen
glasige Augen.
"Ich vermisse Claire", murmelt sie.
"Ich hab Hunger", meldet sich das Töchterchen.
"Soll ich Spiegeleier braten?", biete ich an.
Die Kleine ist begeistert und so sorge ich eben für das Abendbrot.
Das Gewitter ist laut geworden. Adelaide erlaubt uns, bei ihr
zu übernachten. Aber morgen will ich dann jedenfalls weiter.