Die Handelgilde Teil III Eine neue Heimat

[Vauban]

„Tirans Tod zwingt uns zum Handeln. Wir werden morgen ins Nordreich aufbrechen. Wir haben auch in Achtors Nähe Freunde. Von dort aus werden wir unsere Rettungsmission vorbereiten.“ „Ins Nordreich?“ entfuhr es Harim. Er dachte an seine Familie und seine eigenen Pläne. Hadrax schaute den jungen Mann ernst an, dann entspannte er sich jedoch, „du denkst an deine Familie? Sie kann hier auf der Burg bleiben. Hier ist sie in Sicherheit.“ Harim schüttelte zaghaft den Kopf, „meine Schwester...“ begann er. Hadrax verstand nun und nickte, „du willst sie noch sehen, bevor wir aufbrechen. Gut, kehre heute Abend ins Dorf zurück, dann kannst du sie noch besuchen. Sei aber morgen früh bei Sonnenaufgang mit deiner Familie zurück, wir dürfen keine weitere Zeit verlieren. Und denk immer daran, zu niemanden ein Wort. Achtors Spione lauern überall und die Wände haben Ohren!“ Harim nickte stumm. „Nun geh!“

[Vauban]

Harim schwirrten hunderte von Gedanken, tausende von Fragen durch den Kopf, als er sich von Hadrax abwandte. Er hatte so sehr gehofft, dass dieser Besuch ihm wieder Klarheit in sein Leben bringen würde. Stattdessen war er verwirrter als zuvor, und ein weiteres ebenso beklemmendes Gefühl machte sich in ihm breit: Angst, Angst um seine Familie, Angst um die Zukunft.

[Vauban]

Trotzdem beeilte Harim sich den Rittersaal zu verlassen. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, rannte er zu den Ställen. Einen Stallbursche, der den Pferden Wasser brachte, hätte er fast umgerannt. Er sattelte Windschnell und ritt zum Stall hinaus. „Du brichst bereits wieder auf?“ „Ja. Meine Schwester erwartet ein Kind, und mein Urlaub ist nicht von langer Dauer.“ Mehr wagte Harim nicht zu sagen.

[Vauban]

Der junge Händler verließ die Burg, und noch bevor die Sonne hinter den Bäumen unterging, erreichte Harim wieder die Schmiede. Chezara hatte ihn bereits erwartet. Harim zog sie mit sich ins Haus. „Ich habe neue Befehle erhalten“, erzählte er ihr. „Ich werde Hadrax ins Nordreich begleiten müssen. Er lädt dich, deinen Vater und die anderen während dieser Zeit auf seine Burg als seine Gäste ein.“ „Schon wieder eine Reise - und diesmal ohne uns?“ Chezara schaute ihrem Mann ins Gesicht, „und du bist dir sicher, dass ihr nicht zu den Nomaden reitet?“

[Vauban]

Harim trat einen Schritt zurück, „wo denkst du hin? Gleichwohl es mir lieber gewesen wäre, als die weitere Reise nach Norden. Die Reise ins Nordreich ist wichtig, und der Handelsmeister gewährte mir nur noch den heutigen Abend und die Nacht als Urlaub, damit ich noch Aera besuchen kann.“ Lisan mischte sich nun ein, „nun, ich denke, dann sollten wir dies nicht mehr länger vor uns hinschieben. Die Nacht bricht bald an. Lasst uns gehen.“

[Vauban]

Sie gingen die Straße ein Stück hinauf. „Wo wohnt Aera nun?“ wollte Harim von seinem Bruder wissen, „und wer ist der Vater ihres Kindes? Mutter schrieb nichts davon in ihrem Brief.“ „Sie konnte nichts schreiben, was wir selbst nicht wissen.“ Harim starrte seinen jüngeren Bruder erstaunt an. Der lachte, „du kennst doch den Dickkopf unserer Schwester. Sie wollte uns den Namen des Vaters nicht verraten. Schließlich akzeptierten Mutter und Vater ihre Entscheidung, aus Nihras Diensten wurde sie beurlaubt und kam hierher.“

[Vauban]

„Mutter befand jedoch, dass die Schmiede mit all dem Krach und dem Schmutz nicht der rechte Ort für Aera sei. Sie wollte, dass es deine Schwester in ihrer Schwangerschaft besser hätte, und mietete Aera eine Unterkunft bei Elberts Witwe.“ „Elbert, der Kürchner?“ „Ja, eine traurige Geschichte. Er starb im Winter an der Lungenfäule. Er hinterlässt eine Tochter. Die Witwe war natürlich froh über die Miete und stellte auch keine weiteren neugierigen Fragen. Sie kümmert sich rührend um Aera.“

[Vauban]

„Dass sie Aera in guten Händen wusste, war dann auch für unsere Mutter ausschlaggebend, dass sie Vater zu Onkel Jurid begleitet hat. Sie wäre sonst nicht von Aeras Seite gewichen.“ „Ja, ihre Reise nach Tirans Tod“, grübelte Harim. „So, da vorne ist es.“ „Wer steht denn da an der Tür? Wachen?“ Lisan grinste, „ja, ihre Kriegerschwestern ließen es sich nicht nehmen, Aera mit einer Ehrenwache zu beglücken. Das gab mehr Aufsehen als die Nachricht vom unbekannten Vater des Kindes.“

[Vauban]

Harim schüttelte nur den Kopf. Als sie näherkamen, grüßte Lisan die fünf Frauen. Sie erkannten den Bruder und erwiderten den Gruß freundlich. Dann erstarrten sie wieder in ihrer Wachhaltung. Lisan klopfte an die Tür und von drinnen hörte man eine Frauenstimme, „wer ist da?“ „Ich bin es, Lisan, und ich habe eine Überraschung für Aera.“ Die Tür wurde geöffnet und eine Frau mittleren Alters erschien, „eine Überraschung? Die habe ich auch für dich...“

[Vauban]

Dann schaute die Witwe auf Lisans Begleiter. Sofort erkannte sie Harim, „ja, das ist wirklich eine Überraschung. Kommt doch herein!“ Sie führte sie in die Stube. Aus dem Nebenzimmer hörte man ein Kinderschreien. Lisan starrte die Witwe fragend an. Sie lächelte, „es ist ein Junge. Kaum war die Hebammen im Haus, da war das Kind auch schon da. Es blieb keine Zeit euch zu rufen. Einen kleinen Moment, ich sehe nach Aera.“

[Vauban]

Während die Witwe ins Nebenzimmer verschwand, machte sich die Freude über die glückliche Geburt in den Gesichtern breit. „Dem Unbeschreiblichen sei Dank, es ist alles gut gegangen“, rief Lisan erleichtert. Chezara lächelte, und auch Verabas, Karabas und Fafnach zeigten sich freudig. Sie gratulierten Harim und Lisan, als wären sie die glücklichen Eltern. Einzig Serabas Gesicht blieb recht ausdruckslos.

Fortsetzung folgt ...

[erwinius]

Super............
Wiederum toll fortgesetzt und mit vielen (erst auf den zweiten Blick ersichtlichen) Details gespickt (z.B. die wunderschöne Aussenausstattung des Stalles....)

Grüsse aus Helvetien
Erwinius

[Cifra]

Hallo Vauban!

Dich kann man garnicht genug Loben, ich versuchs trotzdem.
Ich kann nur sagen.
Hab jetzt in den letzten stunden all Deine Geschichten gelesen und bin überaus beeindruckt und Glücklich.
Auf jeden Fall bin ich sowie auch andere Hier ein RIESEN FAN von Dir und Deinen Geschichten.

PM sollte sich überlegen aus Deiner Geschichte eine Zeichentrickserie zu machen sofern Du das willst.

..bin echt gespannt wie Flitzebogen was da noch alles passiert.


mfg
Cifra

[Tiberius]

Hallo,

ganz tolle Story

aber ich werde das Gefühl nicht los das es noch einen vierten Teil der Geschichte gibt, oder?

Ich würde mich freuen wenn es so wäre.

LG Tiberius

[Vauban]

@erwinius: Vielen Dank auch für den zweiten Blick Das ist das Schöne am Aufbauen zu Hause: es ist viel einfacher mal ins Detail zu gehen. Das Zubehör ist immer in Griffweite.

@Cifra: ich hätte nichts dagegen, aber die Geschichte ist nun mal nicht ganz auf das Zielpublikum ausgerichtet. Ich wünsche dir auch weiterhin viel Spaß beim Weiterlesen.

@Tiberius: Vielen Dank. ... und du hast Recht, es gibt noch einen vierten (und einen fünften) Teil der Handelsgilde

So und jetzt erstmal zu unserem neuesten Familienmitglied:

Kapitel XVII.

Die Witwe kehrte in die Stube zurück. „Die Hebammen sind mit dem Besuch einverstanden. Aber bitte zuerst nur Lisan und Harim.“ Die Angesprochenen folgten der Frau ins Nebenzimmer. Glücklich lächelnd standen die beiden Hebammen am Bett. Die eine beugte sich zu Aera hinab und verabschiedete sich, „wenn du uns brauchst, wir werden sofort kommen. Noch einmal, herzlichen Glückwunsch. Der kleine Mann und du, ihr habt das ganz toll gemacht. Selten verläuft die Geburt des erstes Kindes so schnell und problemlos wie bei dir. Du bist eine wahrlich starke und tapfere Frau.“