Die Handelgilde Teil III Eine neue Heimat

[Vauban]

Im Hinausgehen beglückwünschten die beiden Frauen noch Harim und Lisan, dann ließen sie die drei Geschwister alleine. Der jüngere Bruder trat zuerst an Aeras Bett, „hallo Schwester, wie ich hörte, ist alles gut gegangen. Meinen Glückwunsch.“ Aera lächelte matt, „ja, der junge Mann hatte es sehr eilig. Willst du ihn sehen?“

[Vauban]

Lisan nickte, Harim trat nun an seine Seite, „darf ich ihn auch sehen?“ Aera blickte ihren Bruder mit großen Augen an, „Harim, wie ist es möglich?“ Ihre Augen strahlten, aber dann sank sie wieder erschöpft ins Bett. „Schon gut, kleine Schwester“, sagte Harim, „mein Meister schickte mich als Boten ins Seenland, und so konnten wir hierherkommen. Morgen muss ich auch schon wieder weiter.“

[Vauban]

„Morgen schon, wie schade. Aber ich freue mich sehr, dass du vorbeischauen konntest, und dein Neffe dich jetzt bereits begrüßen kann.“ Aera überlegte kurz, „du sagtest wir, ist Chezara etwa auch mitgekommen?“ „Ja, und nicht nur sie. Auch ihr Vater, ihre Brüder und ihr Onkel Fafnach begleiteten mich.“ „Ihre Brüder? Serabas ist hier?“ Harim nickte erstaunt, während Lisan es allmählich mit einem Blick auf den Neugeborenen dämmerte.

[Vauban]

Die Witwe öffnete die Tür, und der Rest der Familie trat hinein und überbrachte der jungen Mutter ihre Glückwünsche. Nachdem alle das Neugeborene angemesen bestaunt hatten, schob Lisan sie mit freundlichen Worten wieder hinaus. Einzig Serabas verblieb in dem Zimmer, Harim schaute zurück, „wieso bleibt ausgerechnet Serabas zurück?“

[Vauban]

Lisan schaute seinen Bruder ungläubig an, dann grinste er, „du ahnst es wirklich nicht? Serabas ist der Vater deines Neffen.“ Harim schaute seinen Bruder sprachlos an, dann blickte er wieder zu Aera und dem Kind, dann wieder zu Lisan. „Komm, Onkel Harim,“ Lisans Lächeln reichte von einem Ohr zum anderen, „wir lassen die junge Familie erstmal alleine. Ich denke sie werden sehr viel zu bereden haben.“ Der Schmied schob seinen verblüfften Bruder zur Tür hinaus.

[Vauban]

Als sie in die Stube traten, kam gerade ihr Großvater zur Tür hinein. „Ich kam so schnell ich nur konnte“, schnaufte er etwas außer Atem. „Es ist alles gut gegangen“, beruhigten sie ihn rasch. „es ist ein Junge.“ „Dem Unbeschreiblichen sei Dank.“ Er schaute in die Runde, „und warum wartet ihr alle hier? Schlafen die beiden?“

[Vauban]

Verabas trat zum alten Schmied, „der Vater des Jungen ist bei Aera.“ „Der Vater? Was für eine Überraschung! Wer ist es?“ Er wandte sich an seine Enkel, „kenne ich ihn?“ Doch zu seiner Verwunderung antwortete wiederum Verabas, „wie es scheint, sind unsere Familien bereits weitaus enger miteinander verbunden, als wir bisher dachten.“ Er zog den verdutzten Schmied an den Tisch und erklärte ihm von Großvater zu Urgroßvater die neuen verwandtschaftlichen Beziehungen.

[Vauban]

Es wurde ein langer Abend. Über eine Stunde lang sprachen Aera und Serabas hinter der verschlossenen Tür. Ab und an unterbrachen die Anderen ihre Gespräche und lauschten. „Man hört keine lauten Stimmen. Sie scheinen nicht zerstritten“, meinte Harim. Er kannte das wilde Blut seiner Schwester noch aus Kindertagen. Gingen ihr die Argumente aus, so benutzte sie bereits damals ihre Fäuste, ganz gleich ob ihr Gegner älter oder stärker war als sie.

[Vauban]

Endlich aber wurde die Tür geöffnet. Ein strahlender Serabas erschien. „Aera und der Junge schlafen, aber es geht ihnen gut.“ Harim trat zu seinem Schwager, „herzlichen Glückwunsch. Wie wird er heißen?“ „Oh, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen.“

[Vauban]

Auch Karabas gratulierte seinem Bruder, „und du warst so voller Sorge“, flüsterte er ihm ins Ohr, als er ihm auf die Schultern klopfte. Serabas nickte, „ich liebe Aera, seit ich sie das erste Mal gesehen hatte. Nur fürchtete ich, dass sie hier in der Heimat einen Mann kennen und lieben gelernt hatte.“ Karabas lachte, „mein Bruder, der Gelehrte, er weiss so viel, aber das manche Dinge nun mal neun Monate zum reifen benötigen... “ Den Rest ließ Karabas unausgesprochen.

[Vauban]

Danach war die Reihe an Verabas. Er gratulierte seinem Sohn, hakte aber auch gleich nach, „wo werdet ihr wohnen. Du heiratest sie doch, nicht war?“ Serabas beeilte sich, seinen Vater zu beruhigen, „ja natürlich, das werden wir. Nur ...“, er zögerte einen Augenblick lang. Sein Vater erkannte die Qual seines Sohnes und ahnte, was dieser ihm mitteilen wollte, „du wirst hier im Seenland bleiben.“ Serabas nickte stumm. „Ich wünsche dir und deiner Familie Wohlergehen und den Segen des Unbeschreiblichen.“ Verabas drückte seinen Sohn an sich.

[Vauban]

„Ich bin Lehrer, hier kann ich soviel Neues erfahren“, versuchte Serabas seine Entscheidung zu rechtfertigen.“ „Mein Sohn, du bist mir hierüber keine Erklärungen schuldig. Wichtig ist, dass ihr glücklich seid.“ „Das sind wir, Vater.“

[Vauban]

Harim war inzwischen noch einmal zur Schmiede zurückgelaufen und hatte die Flasche Wein aus Köhlersweide geholt. Er füllte die Gläser und man ließ die glücklichen Eltern hochleben. Noch eine ganze Weile schwatzen sie über den Unbeschreiblichen und die Welt. Als es auf Mitternacht zu ging, gähnte Harim herzhaft. „Es ist schon sehr spät, wir müssen morgen bei Sonnenaufgang auf der Burg sein.“

[Vauban]

Als Serabas dies hörte, sagte, „es tut mir leid Harim, aber Meister Hadrax wird sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich hier bei meiner Frau und meinem Sohn bleibe.“ Schlagartig war Harim wieder hellwach. All die Stunden hatte er sich ablenken lassen, er hatte nicht mehr an die Gefahren gedacht, von denen Hadrax ihm berichtet hatte. Auch Karabas und Fafnach meinten, dass sie lieber im Dorfe bleiben wollten. „Meister Hadrax konnte dir nicht sagen, wie lange du unterwegs sein wirst, aber wir müssen schon bald wieder nach Süden aufbrechen. Allzulange können unsere Geschäfte nicht ohne uns auskommen.“

[Vauban]

Harim überlegte fieberhaft. Was sollte er tun? Hadrax hatte ihm einen klaren Befehl gegeben, nichts von dem, was er gehört hatte, weiterzugeben. Er durfte seine Familie durch dieses Wissen nicht in Gefahr bringen. Andererseits, wenn er Hadrax ins Nordreich begleitete, würden sie wohl dort der Bedrohung entgegengehen und sie bekämpfen. Dann war es ohne Bedeutung, ob seine Familie im Dorf, auf der Burg oder in den Fernen Landen war. Die Männer um Hadrax und Merchan mussten nur siegreich sein.