Die Handelsgilde: Teil IV - Neue Feinde

[Vauban]

„Alles, was er dafür verlangte, war, dass ich im weiter zu Willen war. Er war sanft und liebevoll, und so erfüllte ich ihm diesen Wunsch mit Freude. Aber das nächste Kind, das ich ihm gebar, war eine Tochter. So stolz er auf den Sohn auch war, die Tochter würdigte er keinen Blickes. Er befahl sogar, dass sie weggebracht wurde.“

[Vauban]

„Ich fürchtete nun ebenso um mein Leben und das meines Erstgeborenen, aber nach einer Weile zeigte er sich mir wieder zuvorkommend und liebevoll gegenüber, doch teilte er das Bett nicht mehr mit mir.“

[Vauban]

„Dann kam der Tag, dass unser Sohn sechs Jahre alt wurde. Der Meister erklärte mir, dass wir nun Abschied nehmen müssen. Unser Sohn würde von diesem Tag an, sein Leben den Oberen weihen und zum Priester ausgebildet werden. Ich weinte bitterlich, auch in den Augen des Meisters fand ich Tränen, aber auch er musste den Regeln der Kaste gehorchen.“

[Vauban]

„Ich blieb auch weiterhin, die einzige Frau an seiner Seite. Unser Zusammensein wurde wieder enger. Andere Frauen erzählten mir, dass dies höchst ungewöhnlich sei. Gebärt eine Frau den Priestern eine Tochter, so wird sie üblicherweise zusammen mit dem Mädchen verstoßen. Frauen aus der nächsten Ausdünnung rücken nach, - ich aber durfte bleiben. Auch nach der Geburt zweier weiterer Mädchen verstieß er mich nicht, aber sein Herz wurde kälter. Seinen einst liebevollen und zärtlichen Berührungen fehlte mehr und mehr jedes Gefühl. Seit einiger Zeit bleibt das Bett an meiner Seite wieder leer.“

[Vauban]

„Dann erfuhr ich von ihm, dass er sich entschlossen hatte, eine neue Gefährtin auszuwählen. Ein weiterer Sohn sollte seinen Lebensabend krönen. Ich nickte stumm, erwartete das Schlimmste, aber er wies mir einzig und allein eine andere Schlafstätte zu und gab mir die Anweisung, dich auf deine Zukunft vorzubereiten.“

[Vauban]

Debrana erhob sich vom Boden, und Terna tat es ihr gleich. „Bei den Oberen, ich habe es versucht, aber wie ich sehe, ich scheiterte.“ Wut keimte in der Frau auf. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“ schleuderte sie Terna entgegen. „Er ist kein schlechter Mann. Du hättest nur das Bett mit ihm teilen müssen, und wir beide könnten weiterleben.“ Sie drehte sich zur Tür und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen, „dies wird er uns niemals verzeihen. Wir werden den anderen Frauen als Opfer folgen.“ Terna packte Debrana an den Schultern, drehte sie zu sich um und sprach zu ihr, „wir werden fliehen!“

[Vauban]

„Wie denn? In dieser lächerlichen Maskerade?“ „Niemand kennt den Meister so genau wie du, Debrana“, beschwor Terna die Frau. „Nur du konntest mich so leicht entlarven. Aber wenn du an meiner Seite stehst, kannst du mich durch die Gänge führen, und dieses Gewand...“ Terna griff nach dem Saum der Robe und hielt ihn Debrana vor die Augen, „...wird uns alle Türen und Tore öffnen.“ Debrana schüttelte den Kopf, „selbst ich darf den Meister nicht überall hin begleiten. Dies würde uns ebenso verraten wie dein falscher Bart. Wir beide sind verloren.“

[Vauban]

„Nein, solange ich lebe, werde ich auch hoffen“, erwiderte Terna. „Wenn du mir nicht hilfst, werde ich es alleine versuchen.“ „Du wirst scheitern!“ Erneut schossen Tränen in Debranas Augen. Ob aus Wut oder aus Angst, Terna konnte es nicht entscheiden, aber mit großem Ernst sprach die Freigeborene weiter, „dann werde ich scheitern. Aber ich scheitere in der Gewissheit, es versucht zu haben.“ Schweigen umfing die beiden ungleichen Frauen. Schließlich gab Debrana nach. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sagte, „gut. Mein Schicksal wird sich hier unten so oder so erfüllen, ich werde dir also helfen, deinem entgegen zu gehen.“

[Vauban]

Debrana half Terna die Verkleidung wieder anzulegen. Sie zupfte Robe und Perücke zurecht, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden war. Zwischendurch gab sie Terna einige Ratschläge, wie sie sich verhalten sollte. Dann streifte sie sich ihre Hände an ihrem Kleid ab, versuchte so einige Falten zu glätten, und atmete tief durch. „Gut. Ich bin bereit.“ Terna öffnete die Tür und die beiden Frauen betraten den Gang. Es war niemand zu sehen oder zu hören.

[Vauban]

Etwas beruhigt übernahm Debrana sofort die Führung. Terna folgt ihr durch ein Gewirr von Fluren und Räumen. Längst hatte die Freigeborene jede Orientierung verloren. Insgeheim bewunderte sie Debrana, die sie durch dieses Labyrinth führte, ohne auf andere Männer oder Frauen zu stoßen. So ließ auch Ternas Anspannung etwas nach. „Noch diesen Gang“, raunte Debrana ihr zu, „dann haben wir unser Ziel erreicht.“ Sie gelangten wiederum zu einer Tür, Debrana öffnete und schob Terna hindurch.

[Vauban]

Terna erschrak. Im Raum waren sechs Priester. Die Geistlichen schauten sofort zu Tür. Als sie den vermeintlichen Zeremonienmeister erkannte, erhoben sie sich, neigten aber gleichzeitig ehrerbietig den Kopf. Ternas Herz raste und drohte zu zerspringen. Mit kurzen Berührungen führte Debrana sie durch den Raum. Die Priester standen regungslos mit gesenktem Haupt. Niemand wagte einen neugierigen Blick, und Terna gewann mit jedem Schritt an Sicherheit zurück.

Fortsetzung folgt ...

[pbfox]

SPANNUNG ohne Ende!

Danke Vauban - für diese super Fortsetzung .

UND das du trotz deiner geniale Regattageschichte auch diesen Bereich nicht vernachlässigst .

LG

pbfox

[Corporal Steagle]

SUPER Volker !!

Du treibst die Spannung wieder mal zum Höhepunkt .



LG CS

[Duke]

...eine wahrhaft epische Story, und dabei so spannend... Du setzt hier schon Masstäbe!

[Vauban]

@pbfox: Vielen Dank! Im Augenblick kann ich es mir noch "leisten". Durch den Wechsel mit den "Sechs Königreichen" sind noch genügend Kapitel der "Handelsgilde" fertig.

@Corporal Steagle: Dann wirst du mich jetzt hassen, es kommt ein Szenenwechsel

@Duke: Herzlichen Dank für dein Lob!

Kapitel XIX.

Hadrax eröffnete dem jungen Mann, „Harim, in deiner Trauer um deine Frau, wollte ich dir keine weiteren Kummer durch schlechte Nachrichten bereiten.“ Der Kopf des Händlers ruckte herum, „aber ihr spracht doch von guten...“ „Das sind sie auch. Die besten, die du dir im Augenblick nur wünschen kannst. Deine Eltern wurden von Achtors Häschern gefangen genommen.“ Noch ehe diese Worte zu Harim vordringen konnten, beeilte sich Hadrax weiter zureden, „aber sorge dich nicht. Meine Getreuen konnten sie bereits aufspüren und aus der Hand des Fürsten befreien. Schon bald werden sie hier sein, und du kannst sie in deine Arme schließen.“