Liebes Tagebuch!
Ich habe keine Ahnung, wie lange wir hier ausharrten.
Irgendwann taste ich um mich, berühre einen echsenartigen Körper
und denke, das sei der Drache.
Aber das »Lass mich«, das mich da anzischt, ist ganz sicher nicht von dem Baby.
»Wer bist du?«
»Ich bin nichts«, kommt die knorrige Antwort. »Einst waren wir die Diener des Drachen.
Das ist lange her. Nun sind wir nichts mehr.«
»Schade«, murre ich schnippisch, »der kleine Drache hier könnte ein paar fähige
Diener gut gebrauchen.«
Es ist dunkel. Man sieht nichts.
»Es gibt keine Drachen mehr«, antwortet das Echsenwesen traurig.
Ich versuche, den Eingang aufzustemmen.
Aber obwohl Catty mir hilft - ja, auch Kiki bemüht sich - gelingt es mir nur,
einen schmalen Spalt zu öffnen. Immerhin dringt nun etwas Licht in unser Gefängnis.
Ich bemerke, wie die Echsenwesen den kleinen Drachen ungläubig anstarren.
Der kleine Drache mag ein Baby sein. Er ist jedenfalls sehr viel stärker als ich.
Als er meine Bemühungen sieht, schiebt er mich beiseite und widmet sich selbst
dem Spalt. Fast mühelos kann er ihn vergrößern.
Bald ist er breit genug, dass wir ins Freie schlüpfen können.
Eines der Echsenwesen folgt uns.
Wir drücken uns eng an den Fels, so dass wir von keinem der Türme aus zu sehen sind.
Die Echse starrt den Drachen unverwandt an.
Kiki interessiert sie ebenso wenig wie Catty, nun mit Maske, die Hunde oder ich.
Langsam breitet der Drache seine Flügel aus, zeigt sich in voller Pracht.
Dann tritt er vor das Echsenwesen. Die beiden sehen sich an, schweigend, ergriffen.
Schließlich öffnet der Babydrache ein wenig das Maul.
Das Echsenwesen neigt sich ihm zu, öffnet die Kiefer.
Fassungslos sehen wir Menschen, wie der Atem des Drachen auf das Wesen übergeht.
Wir ahnen, dass hier eine mystische Handlung vollzogen wird.
Was immer Drachenatem bewirkt, wir werden es erleben.
Es ist unglaublich!
Aus dem resignierten Echsenwesen,. das sich eben noch als »Nichts« bezeichnet hat,
ist mit einem Male ein wahrer Drachenkrieger geworden - stolz, selbstbewusst,
voll Tatkraft und Zuversicht.
»Ich bin General Chin«, stellt er sich uns vor. »Als Freunde des Drachen seid ihr willkommen.«
Er holt die anderen aus der Höhle.
Es dauert seine Zeit, bis der Drachenatem des Babys sie alle an ihre Berufung erinnert.
Aber dann steht da eine kleine Armee, die bereit ist, für einen Babydrachen einzustehen.
Auch wenn sie sich selbst »Diener des Drachen« nennen, so sind sie doch, wie es aussieht,
kampferprobte Krieger. Das gibt Hoffnung.