Liebes Tagebuch!
Ich ließ den Wagen an der Grenze auf dem Parkplatz stehen
und nahm die Kutsche Richtung Schloss. Aus den Gesprächen
der Reisenden erfuhr ich, dass der Fürst die Veröffentlichung
sogenannter seichter Literatur mit sofortiger Wirkung verboten
hat. Also wird die Asala-Geschichte hier nicht erscheinen, das
wird mir schnell klar. Da ich aber schon mal da bin, will ich
wenigstens das Schloss betrachten.
Zumindest herrscht hier reges Leben. Ich höre viele Stimmen. In der
Nähe üben Bogenschützen ihre Waffenkunst. Sie sind aber nicht son-
derlich gut, finde ich. Chris schießt jedenfalls viel besser.
»Lästere nicht«, ruft einer, der aber nicht mich meint. »Zeig, ob
du es besser kannst, Boris.«
Ich bleibe stehen und schaue zu. Boris stellt sich auf, nimmt einen Pfeil.
»Ihr lernt es wohl wirklich nie«, lacht Boris. »Dann schaut jetzt genau zu.«
Er legt den Pfeil ein und zielt grinsend.
Er hat voll ins Schwarze getroffen. Lachend geht er zur
Zielscheibe und prüft, ob es wirklich ein exakter Schuss war.
»So, ihr Nasen«, foppt er seine Kameraden, »jetzt seid ihr wieder
dran. Es gibt kein Abendessen, ehe auch ihr getroffen habt.«
Jetzt hat er mich entdeckt und kommt zu mir.
»Holla, schöne Frau«, sagt er, »wo kommst du denn her? Weißt
du nicht, dass Fremde hier keinen Zutritt haben und als potentielle
Attentäter im Kerker landen?«
Jetzt bin ich wirklich erschrocken.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Leider doch«, erwidert er bedauernd. »Die durchlauchtigsten
Fürstlichkeiten wittern überall Verrat.«
Und schon kommen zwei dicke Wachmänner und verlangen, meine
Papiere zu sehen. Die sehen überhaupt nicht freundlich aus, finde ich.
Boris tritt schnell vor mich.
»Aber, aber, meine Herren«, hält er sie auf, »die Mamsell wollte
doch eine Küchenhilfe haben. Hilft ihr doch gar nichts, wenn wir
die hier jetzt wegsperren.«
Dabei zwinkert er mir auf sehr freche Art zu.
Die Wachleute schicken nach der Mamsell. Die mustert mich nur
kurz. Boris schaut sie eindringlich an. Dann begreift sie endlich.
»Ah, schön, dass du endlich da bist«, sagt sie schließlich.
»Los, komm mit. Wir haben viel zu tun.«
Und so lande ich in der Schlossküche, wo ich Berge von Kartoffeln
schälen muss. Die Hunde dürfen nicht herein. Aber denen gefällt
es vor der Küche im Freien auch ganz gut, zumal Kiki ja bei ihnen ist.
Ein seltsames Land ist das hier schon.
Ich denke, ich mache mich morgen auf den Heimweg.