Liebes Tagebuch!
Anscheinend bin ich hier oben erst einmal sicher. Diese
Plattform hat keinen Zugang. Also kann ich die Kikiwelt
beobachten. Vielleicht kann ich ja mein Kiki entdecken.
Es würde mir viel bedeuten, zu sehen, dass es glücklich ist.
Die Kikis wuseln herum. Es ist eines ihrer Spiele, Schlangen
zu fangen, von denen es einige hier gibt. Ist es gelungen,
wird ein lautes »Ki Kiiii« ausgestoßen und alle anderen
rufen begeisterte Beifallstöne.
Die gefangenen Schlangen werden immer an ein anderes
Kiki verschenkt, das sie dann laufen lässt, damit man neu
das Spiel beginnen kann. Sie sind alle arglos und heiter.
Und sie sehen alle gleich aus mit Ausnahme ihres Anführers.
Sie tanzen, spielen und reden alle gleich.
Ich kann »mein« Kiki einfach nicht finden.
Ich bin trotz alledem fasziniert. Ihr Spiel ist völlig selbstvergessen.
Sie fangen auch Ratten und Mäuse, einfach alles, was sich bewegt.
Doch diese Beute ist immer nur Spielzeug.
Als Futter betrachten sie wohl nur große Warmblütler.
Was soll ich nur machen? Ich sitze hier fest. Nach allen
Legenden gehöre ich zum Beuteschema der Kikis.
Womöglich würde mein Kiki mir ja beistehen. Aber allein
gegen das ganze Volk? Da wäre es chancenlos. Und außerdem
will es ja augenscheinlich hier leben. Ich fülle meine Feldflasche
nach. Wasser habe ich noch für einige Zeit.
Während ich das Wasser nachfülle, ist der König auf den
Obelisk gestiegen. Ich habe es nicht bemerkt. Aber nach-
dem ich den Kanister im Koffer verstaute und wieder
beobachten will, schaut er genau zu meiner Plattform.
Er hebt den Arm und deutet auf mich.
»Ki Kiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii!«
Ich bin sicher, das bedeutet so viel wie »Futter«.
Die Kikis vergessen ihr Spiel.
Aufgeregt kommen sie gelaufen, wollen sehen, was er sieht.
Und plötzlich haben sie alle großen unstillbaren Hunger.
Ich greife zur Pistole. Der König deutet immer noch auf mich.
Er will sein Volk auf mich hetzen und irgendwie werden die
Kikis schon hochkommen. Er soll endlich still sein. Ich ziele auf ihn.
»Sorry«, flüstere ich, »tut mir echt leid.«
Dann drücke ich ab.