Liebes Tagebuch!
Als ich heute am Nachmittag aufwache und mich verwundert umschauen will,
höre ich ein hocherfreutes: »Ki Ki.«
»Wo kommst du denn her?«, wundere ich mich.
Stürmische Begrüßung.
Das Kleine freut sich über die Maßen, dass ich es endlich erkenne.
Wir sind aber nicht allein.
»Zurück in der Gegenwart?«, fragt Chris.
Er lächelt. Und er wirkt sehr erleichtert.
»Wo bin ich hier? Und wie komme ich hierher?«
»Nicht aufregen. Ich erzähle dir alles. Aber erst essen und trinken.«
Da habe ich nichts dagegen.
Ich verspüre wirklich unbändigen Hunger und gewaltigen Durst.
Chris erzählt mir dann, wie Martha mich fand,
dass ich im Delirium war und er mich hierher brachte.
»Ist klein und gemütlich hier«, meint er. »Habe mal ein paar Jahre hier gewohnt.«
»Bringst du mich heim?«, will ich wissen.
»Noch nicht«, entscheidet er gelassen. »Du phantasierst immer noch von Geistern,
Räubern, Riesenschlangen und Harems, von fliegenden Teppichen und Sklavenmärkten.
Mag was dran sein, okay. Aber du brauchst noch viel Ruhe, wenn du keinen Rückfall riskieren willst.«
»Meine Tiere ...«
»Die sind alle gut versorgt«, beruhigt er mich.
»Du weißt, dass du total durchgeknallt bist und Katastrophen förmlich anziehst?«
Er grinst. »Nicht mal in Urlaub fahren kannst du, ohne dass etwas passiert.«
»Das Flugzeug ...«
»Ja, kam in allen Nachrichten, dass es abstürzte. Die Leute sind alle gefunden worden.
Sie haben Schreckliches durchgemacht und sind, bis auf den Piloten, in psychologischer Behandlung.«
»Alle Frauen sind zurück?«
Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll.
Was wird nun aus Zecke?
Ich muss ihn zu seinem Frauchen bringen.
»Fast alle«, antwortet Chris. »Eine Frau blieb dort. Sie gab ein Interview in Skype,
in dem sie sagt, dass sie freiwillig bei dem Beduinenstamm bleibt und hofft, Prinz Akim werde sie heiraten.«
»Theodora?«, hoffe ich.
»Genau die. Verarmter Landadel. Sie hat immer auf eine gute Partie gehofft.«
»Du kennst sie? Und was ist mit dem Piloten?«
»Ich kannte sie flüchtig, ja.« Er zögert. »Der Pilot behauptet, ein Terrorist auf einem
fliegenden Teppich habe das Flugzeug angegriffen. Er ist jetzt in der Psychiatrie.
Genau die wollte ich dir ersparen.«
Chris entscheidet, dass ich Ruhe brauche, und lässt mich allein,
nachdem er noch sagte, wo ich was finden kann.
Also erst mal anziehen und dann raus gehen.
Wenn er mich nicht heim bringt, gehe ich eben allein dahin.
Wird so schwierig ja nicht sein.
Ist es wohl doch!
Ich befinde mich in einem Baumhaus auf einer winzigen Insel.
Ringsum ist alles sumpfig. Die Treppe ist hochgezogen.
So kann kein unerwünschter Besuch kommen.
Vielleicht ganz gut so. Ob Luchse Kikis fressen?
In der Kiste am Kran ist alles Mögliche an Werkzeugen und Vorräten
sicher vor wilden Tieren ausgelagert.
Eigentlich eine geniale Idee, finde ich.
Die Hütte ist ja klein.
Was man nicht zum sofortigen Zugriff braucht,
ist so sicher verwahrt, ohne wirklich Platz wegzunehmen.