Liebes Tagebuch!
Nein, wir müssen heute noch nicht gehen. Wir dürfen es natürlich tun.
Aber das Wetter ist mies derzeit und Yeti findet unsere Gesellschaft noch
erträglich. Kiki und die Hunde spielen gern mit ihm. Sie finden es toll, auf
ihm herum zu turnen.
Und wir Menschen hören gerne seine Geschichten. Er weiß alles über die Berge
und kann fesselnd erzählen. Das Zwergenloch kennt er auch. Er meint, die
Zwerge da unten seien fiese Gesellen, die den Berg verletzen, um seine Kristalle
zu stehlen. Er mag sie nicht. Aber die Berge, die mag er sehr. Und natürlich
den Gletscher.
»Draußen sind Leute«, sagt Yeti am späten Nachmittag.
»Sucht uns die Bergrettung?«, hoffe ich, weil das bedeuten würde, dass der
Rückweg leicht wird.
»Sind nur Wanderer.« Yeti zögert. »Die suchen euch und rufen eure Namen.«
»Verstehe. Du willst nicht, dass unsere Freunde deine Höhle finden.«
»Freunde?«
»Ja, gute Freunde«, bestätige ich. »Sie sind übers Meer gekommen.«
Yeti brummt. Aber dann nickt er sein Einverständnis, sie einzulassen.
Eddy und Chris erscheinen beim Eingang. Dort bleiben sie erst einmal wie
angewurzelt stehen und starren Yeti an, der ein paar Schritte beiseite ging.
»Kommt nur rein«, rufe ich den Brüdern zu. »Yeti ist ein Freund. Und ein
toller Gastgeber. Außerdem ist er unser Lebensretter.«
Hinter den Brüdern kommen Peter, Clara und Annie herein. Es wird fast eng
in der geräumigen Höhle. Chris dankt Yeti für unsere Rettung. Vor allem aber
wollen alle sich selbst davon überzeugen, dass wir wohlauf sind. Die Freude
über das Wiedersehen ist bei uns allen sehr groß.
Und jetzt kommt auch Catty. Sie schaut zu Yeti und stellt keine Fragen,
sondern begrüßt ihn einfach. Dabei lacht sie fröhlich. Ich glaube, wer
Drachen begegnet ist, den schreckt auch kein Bergtroll mehr.
»Vorwärts mit dir«, hören wir Phil schimpfen.
Er kommt als Letzter, wobei er ständig den widerstrebenden Toni vor sich herschubst.
Ich bin entsetzt.
»Toni, weshalb bist du denn gefesselt?«, rufe ich aus.
»Weil er ein Fiesling ist«, lacht Catty. »Ups«, fügt sie an, »der gefiel dir.
Haste nicht gemerkt, welch falsches Spiel er trieb?«
Ich verstehe gar nichts mehr. Toni wirkt zerknirscht, sagt aber nichts.
Phil erklärt es mir:
»Auf der Almhütte sagten sie uns, dass ihr zur Bergquelle seid, obwohl ein
Unwetter angekündigt war und die Alten dort davor warnten. Dieser Toni
wollte trotzdem hin. Und am andern Tag kam er allein zurück und behauptete,
ihr wolltet unbedingt den Gletscher besteigen. Das sei ihm zu gefährlich gewesen,
aber ihr habt nicht hören wollen.«
»Was sogar glaubhaft klang«, fügt Eddy an. »Wer Mara kennt, weiß, dass ihr das
zuzutrauen ist.«
Er lacht dabei und Phil muss schmunzeln.
»Es war nicht glaubhaft«, widerspricht Phil aber. »Toni war völlig sorglos.
Bergrettung brauche man nicht, behauptete er. Wir sollen einfach abwarten.
Wir haben ihn gezwungen, uns zu führen. Und als er abhauen wollte, naja,
das Seil hatte er ja selbst dabei.«
Yeti hat alles gehört. Er greift nach Toni, hebt ihn an den Füßen hoch und schüttelt ihn.
»Böser Toni«, schimpft er dabei, »ganz, ganz böser Toni.«
»Aufhören«, ruft der angstvoll. »Ich gebe es ja zu. Ich habe Mara in die Berge gelockt.
Dazu habe ich Emmy und Rick mit eingespannt. Aber ich wollte niemandem schaden.
Ich sollte euch doch nur ein paar Tage aufhalten.«
»Du solltest? Wer hat dich beauftragt?«, fahre ich Toni an.
»Ich kenne den nicht. Er hat mir Geld geboten. Viel Geld. Mara, bitte, ich wollte dir nichts antun.«
»Yeti, den kannste gerne fressen«, antworte ich nur.
Macht Yeti aber nicht. Er stellt Toni gefesselt beiseite. Und dann bewirtet er die vielen
Menschen in seiner Höhle. Es gibt so viel zu erzählen. Ich bin echt froh, dass die anderen
jetzt alle da sind. Und zugleich sehr enttäuscht und auch ein wenig geknickt wegen Toni,
der mich so fies täuschte.